Freitag, 31. Januar 2014

Die Erhöhung der Familienbeihilfe - ein Einserschmäh'

Angesichts der Diskussion, ob die Familienbeihilfe jetzt doch erhöht wird und wenn ja, wann und um wieviel war es Zeit, einmal ein wenig zu recherchieren und nachzurechnen.



Ein paar Anmerkungen vorweg


Vorweg möchte ich allen interessierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern die Homepage der Statistik Austria wärmstens ans Herz legen. Auch für Nichtstatistiker bietet sie eine Fülle an Informationen, sehr gut aufbereitet und großteils als Excel-Datei frei zum downloaden.

Dieser Eintrag hätte aber in der Form nicht entstehen können, hätte sich nicht ein sehr freundlicher und geduldiger Mitarbeiter der Statistik Austria die Mühe gemacht, auf eine Anfrage via Mail entsprechend rückzufragen und mir ein paar interessante Zeitreihen zukommen zu  lassen.

Ich bitte auch um Verständnis, dass ich aus Zeitmangel nicht alle Varianten abprüfen konnte. So beziehe ich mich im Folgenden immer nur auf den Grundbetrag der Familienbeihilfe für ein Kind: Mehrkinderzuschlag, Alterszuschlag und auch der Kinderfreibetrag bleiben ebenso wie die erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder unberücksichtigt. Auch bietet natürlich die Tatsache, dass es eine Zeitlang eine 13. Familienbeihilfe gab, einen Kritikpunkt, ändert aber am Gesamtbild so gut wie nichts. Sollte aber zum Beispiel eine Journalistin oder ein Journalist diesen Beitrag lesen, spricht nichts dagegen, in die Tiefe zu gehen.

Entwicklung der Familienbeihilfe und ausgewählter Preise


Aus einem Bericht des Familienministeriums ergibt sich, dass die derzeitige Höhe der Familienbeihilfe von EUR 105,40 (wie gesagt: Grundbetrag 1. Kind) uns schon sehr lange begleitet, und zwar seit dem Jahr 2002. Von 2001 auf 2002 gab es immerhin eine Erhöhung um 0,02 Euro, die wir der Rundung nach der Euro-Einführung verdanken.

Die älteste mir zur Verfügung stehende Zahl ist die aus dem Jahr 1998: Damals betrug die Familienbeihilfe EUR 94,48.

Vergleichen wir diese Steigerung um rund 11 Euro (oder 12%) in 15 Jahren einmal mit der Preisentwicklung in diesem Zeitraum. Da hilft uns einmal der Verbraucherpreisindex (VPI) 96. Es gibt zwar inzwischen schon einen neueren Index, aber zu Vergleichzwecken werden die alten Indizes weitergeführt. Der VPI96 war für 1998 auf 102,2 und für 2013 auf 137,50. Umgerechnet heißt das, dass in dem Zeitraum, in dem die Familienbeihilfe um 12 % erhöht wurde, das allgemeine Preisniveau um 35 % gestiegen ist.

Anders gesagt: Um gleich viel wert zu bleiben, hätte die Beihilfe seit 1998 kontinuierlich auf EUR 141,81 steigen müssen. Die ganze Diskussion mit den bisher genannten "Erhöhungen" bedeutet also nicht, dass es den Familien besser gehen wird, es bedeutet nur, dass die Kaufkraftverluste der letzten 15 Jahre zu einem kleinen Teil nicht weiter höher werden.

Man kann die drastische Kürzung (!) der Familienbeihilfe auch so ausdrücken: In "1998er-Euro" ist die Familienbeihilfe (zu Erinnerung: EUR 105,40) nur mehr 78 Euro und 34 Cent wert.

Wer sich von der Politik noch nicht veräppelt genug vorkommt und auch nicht an Zahlenphopie leidet, kann noch ein paar interessante Werte gemeinsam mit mir anschauen:

Der Verbraucherpreisindex basiert auf einem sogenannten Warenkorb. Da werden Güter des täglichen Bedarfs vom Brot bis zur Miete, aber auch Investitionen in Fernsehgeräte oder Autos entsprechend anteilig hineingerechnet ("gewichtet"), dass die Summe der Gewichtungen 100 ergibt. Diese Gewichtung ist nun auch kein Staatsgeheimnis, sondern kann bis zur letzten Kommastelle zum Beispiel hier (erraten, wieder bei Statistik Austria) nachvollzogen werden.

Daher habe ich mir die Frage gestellt, wie es denn mit manchen Dingen ausschaut, die für Familien besonders wichtig sind. Da diese, mir freundlicherweise gemailten Zeitreihen, aber erst ab 2005 beginnen, kann man sie am sinnvollsten mit dem VPI2005 vergleichen.

Hätte 2005 eine Regierung gesagt: Ab jetzt passen wir die Familienbeihilfe jährlich an, so erhielten Eltern jetzt EUR 124,58, denn die Familienbeihilfe wäre dann seither ebenso wie das Preisniveau um rund 18 % gestiegen.

Ist sie aber nicht, und daher ist die Kaufkraft der Familienbeihilfe in dieser Zeit real auf 89,17 Euro gefallen.

Wie schaut das aber jetzt mit speziellen Waren konkret seit dem Jahr 2005 aus?

Nun, Babykost wurde um 19 % teurer. Für das geordnete Aufsammeln des resultierenden Endergebnisses in Wegwerfwindeln muss man seither um 17% tiefer in die Tasche greifen.

Für einen Kindertrainingsanzug muss man hingegen lediglich 3 % mehr auf den Ladentisch legen. Wer seinen Kindern einen Schulschikurs finanzieren will oder muss, gewärtigt eine Erhöhung um 34 %. Weniger schmerzhaft wird es dann im Frühsommer mit der Landschulwoche (+ 23%).

Eltern guter Schüler können sich freuen, denn sie betrifft die Steigerung von 21 % bei den Nachhilfestunden nicht.

Es gibt aber auch Dinge, die billiger geworden sind: So gibt es jetzt Babyfeuchttücher um rund 8 % günstiger. Und, was mich überrascht hat: Die Kindergartengebühren sind sogar um 18 % gefallen.

Übersichtsgrafiken und Tabellen







Detailtabellen








Quellen

Statistik Austria, BMWFJ. Die entsprechenden Dateien (PDF, Excel) sind im Text verlinkt.Die Berechnungen auf Basis der Indexzahlen und der Höhe der Familienbeihilfe stammen vom Verfasser.






Mittwoch, 22. Januar 2014

Die besten Schuster tragen selbst die schlechtesten Schuhe


Über meine persönlichen Gründe des Kopfschüttelns über die ersten öffentlichen Auftritte Eugen Freunds


Die Kandidatur von Eugen Freund als Frontmann der SPÖ für die EU-Wahl selbst, aber vor allem seine ersten öffentlichen Auftritt und Interviews seit dem Durchsickern dieses Antretens haben vor allem in sozialen Medien teils sehr kontroversielle Reaktion bewirkt.

Ein sehr angesehener Journalist hat auf Twitter (in einem offenbar seither gelöschten Tweet, daher ohne Verlinkung und Namensnennung) die These aufgestellt, dass offenbar ein Kandidat für ein öffentlches Amt, zumal Quereinsteiger, ein Armutsgelübte abgelegt haben und mediengecoacht sein müsse.

Diese Aussage, von mir im ersten Impuls in einer nicht ganz so feinen Wortwahl als vollkommen unzutreffend bezeichnet, ist dennoch Anlass für eine Reflexion, ob man sich im Internet nicht zu voreiliger Kritik bis hin zu persönlichen Angriffen hinreißen lässt, was trotz der geringen Bedeutung der eigenen Person für die (online) (ver)öffentlich(te) Meinung, in Summe zu einem Hochschaukeln und zu einem „Hände weg!“ potenzieller qualifizierter Anwärter und Anwärterinnen führen könnte und dem Betroffenen gegenüber ungerecht und unfair ist.

Im konkreten Fall bleibt trotz der Wertschätzung für einen angesehenen und aus der Sicht eines Zusehers hochqualifizierten Moderator und trotz der persönlichen Einschätzung, dass er ein sehr guter EU-Parlamentarier sein kann, wenn er sich auch in die Niederungen der Ebenen der parlamentarischen Knochenarbeit begibt, leider wirklich derzeit primär ein Kopfschütteln über Eugen Freund übrig.

Und das aus folgenden Gründen:

Wer immer sich für eine Stelle bewirbt, noch dazu, wenn diese mit einer großen Außenwirkung verbunden ist, wird sich gewissenhaft auf Bewerbungsgespräche und seine Auftritte bei Kunden und in der Öffentlichkeit vorbereiten.

Niemand wird zum Beispiel von jemandem, der Chefredakteur einer Zeitung werden will, die detaillierte Kenntnis des Redaktionsstatuts erwarten – aber ein Wissen um die Blattlinie, die gerade in der Zeitung aktuell behandelten Themen, den angesprochenen Leserkreis und vielleicht ein paar Zitate aus Leitartikeln sind wohl unabdingbare Voraussetzungen für diese Funktion.

Und wenn man, sagen wir mal, rund einen Monat Vorbereitungszeit hat, sollte bei Fragen, was man an den Themenschwerpunkten ändern könnte, mehr als ein „Antworten darauf kann man von mir nicht erwarten“ als Antwort kommen.

Angehende Journalisten eines, drehen wir es einmal um, Luxuslifestylemagazins dürfen sich nicht wundern, wenn sie auf Unverständnis stoßen, sollte ihnen zum Thema Lamborghini nicht mehr einfallen als: „Wozu braucht man so etwas? Von A nach B komme ich auch mit einem gebrauchten Skoda. Überhaupt: Sich in so ein Protzauto zu setzen, also für mich wäre das nichts!“

Und bei jedem Bewerbungsgespräch (und Interviews sind ein solches, ein künftiger Mandatar bewirbt sich über den Journalisten bei seinen möglichen Wählerinnen und Wählern) wird der Bewerber darauf abgeklopft, welche Werte er vertritt, welche Ziele er erreichen will, wo er sich in fünf Jahren sieht usw. Ein Schwelgen in der Vergangenheit, garniert mit dem Anspruch, dass man einem anderswo Lorbeerkränze sonder Zahl geflochten hätte, kommt wirklich nicht sehr gut rüber.

Zurück zur Diskussion des Durchschnittseinkommens eines Arbeiters:

Die Antworten Freunds zeigen nicht nur ein schreckliches Maß an Unvorbereitung (alle relevanten Zahlen zur Republik Österreich sind im Statistischen Jahrbuch auf der Homepage der Statistik Austria abrufbar) und ja, kein Politiker muss die Dezil-Angaben gegliedert nach Unselbständigen, Unselbständigen inkl. Lehrlinge, Beamte etc. kennen.

Manche, grundlegende Daten sind aber auch Teil der Medienberichterstattung. Es gibt Leute, die kritisieren die viel besprochene Billa-Verkäuferin, die um fünf Uhr früh mit dem Bus vom Burgenland nach Wien pendelt dafür, nicht darüber Bescheid zu wissen, was in der aktuellen Zeit seht.

Und da offenbart ein Journalist ein in das Unwissen interpretierbare Desinteresse an Dingen, die den Leuten, die ihn wählen sollen (wie gesagt: ich glaube, er wird ein guter EU-Parlamentarier, aber warum für die SPÖ?) wichtig sind?

Letztes Stichwort: Pension. Natürlich gibt es Neider, die Freund seine Pension vorwerfen. Meiner Meinung nach ist an der Pension selbst sowie der Tatsache, dass er sie sich bei der Übertragung der Ansprüche vom ORF an eine Vorsorgekasse auszahlen ließ, nichts Böses, nichts Priviligiertes, nichts Verwerfliches.

Diese Möglichkeit stand in Österreich zig tausenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern offen – und hoffentlich haben sie viele gesunden Menschenverstandes, die nicht auf die Schalmeienklänge der Dritte-Säulen-Heiligen hereingefallen sind, auch genutzt.

Die Aussage aber, er beziehe keine ORF-Pension (soferne in den Medien korrekt wiedergegeben) provoziert einen Satz, der gerade im Journalismus oft in Entgegnungen zu finden ist: Diese Tatsachenmitteilung ist in irreführender Weise unvollständig.

Denn ja, er wird keine Pension vom ORF bekommen – sondern wenn, von der Vorsorgekasse, falls der ORF bzw. der ORF und er nach dem Übertritt weiter, bei null beginnend, in diese eingezahlt haben. 

Was ist so schlimm, zu sagen: Ich habe mir meine Pensionsansprüche damals wie viele in unterschiedlichen Betrieben auszahlen lassen und seitdem wird wieder in die Pensionskasse eingezahlt?

Die Einschätzung, dass seine Äußerungen nicht von politischen Gegnern aufgegriffen werden und eine Flanke eröffnen, die überhaupt nicht notwendig wäre, zeugt auch ein wenig von Unachtsamkeit oder auch Fehleinschätzung der Realität.

Mit der ASVG-Höchstpension nicht auskommen zu können, eine solche wahrscheinlich durchaus ehrliche Aussage, ist natürlich ein Schlag ins Gesicht aller jener SPÖ-Wählerinnen und –Wähler, die von so einer Pension nur träumen können – und das dürfte wohl weit mehr als die Zweidrittelmehrheit sein.

Ja, das Zurückfallen vom Erwerbseinkommen auf die ASVG-Pension bedeutet für alle davon Betroffenen einen massiven Einkommensverlust und eine Einschränkung des Lebensstils.

Nur kommt das nicht als unvorhersehbares Unheil über einen, man kann und muss vorausplanen, zusätzliche Einnahmequellen erschließen (was für die meisten Bürgerinnen und Bürger dieses Landes ein Ding der Unmöglichkeit sein dürfte) oder eben seinen Lebensstil und die Fixkosten entsprechend anpassen – sollte man sich über einen unerwarteten Vermögenszuwachs freuen können, ist es halt auch anzuraten, diesen entsprechend vorsorgend anzulegen – oder eben, wenn man dies alles nicht gemacht hat oder machen will, zu schweigen.


Ich hoffe, dass Freund dazulernt – und einen verkürzten Welpenschutz sollte man ihm auch gewähren (verkürzt, weil bis zur Wahl nicht mehr so viel Zeit bleibt).

Und vielleicht kommt er bei der Analyse seiner ersten Auftritte auch dazu, das zu sagen (wahrscheinlich in anderen Worten), was ein ehemaliger Nationalratsabgeordneter nach einem verpatzten ZIB2-Auftritt offen aussprach: „Das habe ich versemmelt!“.

Mittwoch, 15. Januar 2014

TTIP - Wer nicht fragt, kann keine Antwort kriegen

Nutzt's nix, so schadet's nix


Wohl ahnend und wissend, dass ich nur eine allgemeine Antwort und wahrscheinlich einen Link auf die offizielle Informationsseite der EU-Kommission bekommen werde, aber hoffend, dass steter Tropfen vieler auch nicht vernetzter EU-Bürger den Stein höhlt, habe ich folgendes Mail an EU-Kommissionspräsidenten Barroso über die Kontaktseite geschickt:

Vollständiger Text:


TTIP - Position papers and minutes

Mr. President,

I am very concerned about the fact, that the negotiations between the EU and the USA dealing with a topic of such an impact for all European citizens in the next few decades take place as closed sessions without public information.

Therefore, I would like to ask you to send me in electronic form the minutes and the position papers of both parties  presented in the sessions that already took place. Of course, a link to a directory containing this documents which is available to the public also would be sufficient.

Yours sincerely,

Franz Strohmeier





Freitag, 6. Dezember 2013

Waldheim und Fischer: Bundespräsidenten, die das Amt beschädig(t)en

Auf Twitter habe ich die zugegebenermaßen etwas provokante These vertreten, dass Heinz Fischer das Amt des Bundespräsidenten stärker beschädigt hat als Kurt Waldheim. Das ist in 140 Zeichen natürlich schwer zu argumentieren - die Begründung wird daher hier nachgereicht.


Die Präsidentschaft Kurt Waldheims und vor allem der seiner Wahl vorangegangene Wahlkampf sind jedem mit auch nur etwas Interesse an Zeitgeschichte noch in sehr schmerzhafter Erinnerung.

Das "Wir Österreicher wählen wen wir wollen!", das "Jetzt erst recht!" und das Kriterium Michael Graffs, wonach es erst ein Problem gäbe, könnte man Waldheim das eigenhändige Erwürgen von sechs Juden nachweisen (Graff ist danach immerhin zurückgetreten) sind in der ewigen Schlechtestenliste von verabscheuungswürdigen Wahlkämpfen unerreicht.

Aber dabei handelte es sich um den Wahlkampf, nicht um die Amtsführung Waldheims selbst. Von seiner Präsidentschaft wird nur eines in Erinnerung bleiben: Das legendäre Interview der (damaligen) ORF-Reporter Peter Rabl und Hans Benedikt, das knapp vor dem Abbruch stand, als Benedikt mit den Worten "Nun zu einer Frage, wo wir vielleicht weniger Erinnerungslücken haben!" eine weitere Frage an Waldheim einleitete. [Korrektur 6.12.2013: Laut Leserfeedback drohte der Abbruch nach einer Aussage von Peter Rabl: "In Wahrheit haben Sie doch keine Autorität."]

Aber sonst war Waldheim isoliert, eine "lame duck" ab dem Wahlabend, daher kalt gestellt und ungefährlich. EDV-technisch gesprochen stand damals die TTL (time to live) schon fest, alle saßen sozusagen nur mehr die Amtszeit Waldheims ab (dass er dann noch dazu bekniet werden musste, auf eine Wiederkandidatur zu verzichten, sagt sehr viel über den Charakter des ehemaligen UN-Generalsekretärs aus). Außenpolitisch existierte Österreich damals nur, weil Bundeskanzler Vranitzky sozusagen einen Teil der Amtsgeschäfte des Präsidenten mit übernahm.

Die Ära Waldheim brachte einige der hässlichsten Fratzen Österreichs ans Licht - leitete aber auch eine dringend notwendige Beschäftigung mit der Geschichte ein und gipfelte in einer Rede Vranitzkys, in der er weltpolitisch mehr gut machte als Waldheim je zerstören hätte können.

Und mit "so einem" möchte ich Heinz Fischer vergleichen?


Ja, denn nochmals: Es geht nicht um den Wahlkampf, nicht um den Charakter des Amtsinhabers, sondern um die Frage, ob die Amtsführung dem Amt Schaden zugefügt hat oder nicht.

Heinz Fischer ist voll handlungsfähig. Er ist über die Parteigrenzen hinweg geachtet, war jahrelang Präsident des Nationalrats, ist ein ausgewiesener Verfassungsspezialist und auch jenseits der österreichischen Grenzen überall gerne gesehen.

Eine Person, der man ein sorgfältiges Umgehen mit den umfangreichen Rechten des Bundespräsidenten gestehen könnte. Hier muss man ein wenig in der Staatsbürgerkunde kramen  und sich bewusst machen, dass Kelsen den Bundespräsidenten in der Verfassung mit umfangreichen Rechten ausgestattet hat - auch wenn diese Rechte jahrzehntelang nur vor sich hinschlummern und abseits von Studenten des Verfassungsrechts wohl nur Österreicherinnen und Österreichern bekannt sind, die das Glück hatten, vor dem segensreichen Wirken des Bildungstsunamis Elisabeth Gehrer gute und engagierte Lehrer in Staatsbürgerkunde zu haben.

Dass der Präsident nach Art. 70 B-VG den Bundeskanzler und auf dessen Vorschlag die einzelnen Mitglieder der Bundesregierung ernennen und auch ohne irgendwen um Erlaubnis fragen zu müssen, entlassen kann, ist wohl Allgemeingut.

Weniger verbreitet ist dabei schon das Wissen, dass es sich beim Bundeskanzler nicht um den Obmann der stimmenstärksten Partei des Nationalrats handeln muss (das ist nur Ausfluss der österreichischen "Real-Verfassung").

Das Dasein als Oberbefehlshaber des Heeres ist ebenso de facto jedem Volksschüler bekannt, die Möglichkeit, den Nationalrat auf Antrag der Bundesregierung aufzulösen fällt auch noch vielen ein.

Dass das BZÖ/FPK oder wie immer die Komikertruppe an Politikern im Kärtner Landtag auch gerade firmieren möge, Kärnten so lange am Nasenring durch die Landtags-Arena führen konnte liegt auch daran, dass der Bundespräsident eben nicht den Kärtner Landtag aufgelöst hat, wozu er, hätte es einen entsprechenen Antrag der Bundesregierung und des Bundesrates gegeben, durchaus berechtigt gewesen wäre.

A propos Kärnten: Hier konnte eine Führungsclique jahrelang den Verfassungsgerichtshof verhöhnen, ohne dass es Konsequenzen gegeben hätte. Doch die Verfassung hätte in Form des Artikels 146 B-VG ein mächtiges Schwert geboten:

Hätte der Verfassungsgerichtshof beim Präsidenten beantragt, die Urteile zur Ortstafelfrage zu exekutieren, wäre letzterer berechtigt gewesen, allen Organen und Behörden des Bundes und der Länder (inklusive dem Bundesheer!) direkte Weisungen zu geben, um das Urteil umzusetzen, im konkreten Fall also, die zweisprachigen Ortstafeln aufzustellen.

Ich gebe aber zu, dass dies die Zweite Republik kaum überlebt hätte, war damals doch in Klagenfurt noch die Sonne an der Macht, bevor sie mitten in der Nacht besoffen vom Himmel torkelte.

Was macht also Heinz Fischer mit seinen vielfältigen Möglichkeiten zum Wohl des Landes? Nichts, niende, nada, nix, rien, nothing!

Wenn er Leute im Kanzleramt und in Ministerien weiter walten und schalten lässt, die in einer in der Geschichte der Republik einmaligen Art und Weise die Bevölkerung vor der Wahl über den Zustand des Budgets im Unklaren gelassen haben (um es vorsichtig und hoffentlich nicht klagbar zu formulieren) - dann beschädigt er das Amt massiv.

Wenn er das Land in den Händen derer belässt, die, legten sie ein solches wie oben genannte Verhalten im Privatleben an den Tag, wohl nur noch knapp diesseits der Besachwalterung entlangschrammten - dann beschädigt er das Amt massiv.

Wenn Heinz Fischer jemandem die Regierungsbildung in die Hand legt, der gerade noch mal Justizia  dank eines Staats-Anwalts (im Sinne von einem vom Staat zur Verfügung gestellten Anwalt) von der Schaufel gehüpft ist und der keine Skrupel kannte, um ein paar ÖBB-Millionen testimonialisiert zu werden und einen Untersuchungsausschuss im Nationalrat durch Handhebemarionetten abwürgen zu lassen - dann beschädigt er das Amt massiv.

Wenn er zulässt, dass eine Gruppe von SPÖ- und ÖVP-Verhandlern samt den Regie haltenden Landeshauptleuten dieser Parteien die Österreicher und Österreicherinnen noch bis nach Weihnachten verarschen darf, dann ist er knapp davor, das selbst ebenso zu tun.

Wenn er zuversichtlich ist, weil Verhandler es geschafft haben, den großen Verfassungbogen des Andres Khol auf den kleinen Drahtbogen einer Zahnregulierung einzudampfen, dann greift man sich unwillkürlich ans Denkorgan.

Mit seinem Nicht-Agieren spielt Heinz Fischer den Leuten in die Hände, die das Amt des Präsidenten abschaffen wollen, dies mit dem Argument, es handle sich nur um das eines Grüßaugusts und Staatsnotars.

Denn für eine Performance wie in den letzten Wochen brauchen wir keinen Bundespräsidenten:

Der Algorithmus (Ordne die Parteien nach Stimmenstärke absteigend, beauftrage deren Spitzenkandidaten mit der Regierungbildung, wiederhole dies im Falle des Nichterfolgs nach jeweils 8 Wochen mit der nächsten Partei bis alle durch sind und ziehe dann bei Nichterfolg einen beliebigen Namen aus dem Wiener Telefonbuch) lässt sich wunderbar juristisch formuliert in die Verfassung schreiben.

Und das Verschwinden am Klo in Falle schwieriger Entscheidungen - ein mehrfach von Präsident Fischer dementiertes angebliches Kreisky-Zitat - schaffen zig Österreicher- und -innen wohl auch ohne Angelobung.

Heinz Fischer unterspült gerade die Fundamente des Bundespräsidentenamtes mehr als es Kurt Waldheim je gelungen ist.

Dafür, Herr Fischer, habe ich Sie nicht gewählt!

Der Bundespräsident hätte auch die Gunst der Stunde auf seiner Seite. Denn glaubt wirklich jemand ernsthaft, SPÖ und ÖVP könnten es sich erlauben, eine von integren Persönlichkeiten gebildete Regierung zu stürzen und Neuwahlen zu riskieren? Der große goldene Paintballorden am braunen Band für Verdienste um die FPÖ wäre den Agierenden sicher.

Seit Waldheims Zeiten steht noch ein prächtiges von Alfred Hrdlicka geschaffenes Holzpferd irgendwo beschäftigungslos herum. Vielleicht schafft es der Spitzenjurist Herr Fischer ja, dieses in einem Analogieschluss von Caligulas tierischem Senator bis hin zum B-VG mit dem Amt des Bundeskanzlers zu betrauen.

Im Vergleich zur jetzigen Besetzung wäre das in charakterlicher und intellektueller Hinsicht ohne jeden Zweifel eine exorbitante Verbesserung.








Montag, 25. November 2013

Meine Spesenabrechnung an die Österreichische Nationalbank

Vor dem Absenden meiner Spesenabrechnung an die OeNB habe ich Herrn Nowotny und Herrn Raidl noch um ein paar nähere Informationen gebeten.


(19.11.2014: Faksimile Mail entfernt)

Hier der vollständige Text:

Sehr geehrter Herr Gouverneur Univ.-Prof. Dr. Nowotny,
sehr geehrter Herr Präsident des Generalrats Dkfm. Dr. Raidl,

einem Kommentar von Florian Scheuba im Standard vom 20. November 2013 (http://derstandard.at/1381374056728/Wohlerworbene-Stringtangas) verdanke ich die Information, dass die Österreichische Nationalbank bei den Spesen für Geschenke an langjährige Geschäftspartner sehr großzügig ist.

Da ich jetzt schon seit mehr als vier Jahrzehnten die von Ihrer Institution exklusiv vertriebenen Drucksorten als Zahlungsmittel verwende, darf ich wohl mit Fug und Recht behaupten, das Kriterium "langjähriger Geschäftspartner" geradezu exemplarisch zu erfüllen.

Allerdings hatte ich bisher in meinen Spesenabrechnungen immer nur mit Taxirechnungen, Bahnkarten, Leihautos, Hotels und Flügen in der Economy-Klasse zu tun und möchte in meiner Abrechnung für die Nationalbank nichts falsch machen. Ich ersuche daher vor dem Absenden meiner Aufstellung um ein paar ergänzende Informationen:

  • Muss es sich wirklich um Gucci-Schuhe und Chanel-Taschen handeln? Damit schaue ich dann ja - mit Verlaub - aus wie ein "Am Graben" einherstolzierender Protzbanker in der Midlife-Crises. Können es auch gewöhnliche Schuhe und Taschen sein? Ich wäre dann natürlich bereit, dafür die zehnfache Menge abzurechen.
  • Darf ich die teuren Damenstrümpfe auch meiner Ehefrau schenken oder muss es, wie in Bankerkreisen (nicht Bankierkreisen!) angeblich üblich, für eine Konkubine oder hauptberufliche Hormonstaubetreuerin sein?
  • Als stolzer Steirer kann ich mit Pokerzubehör nicht wirklich viel anfangen. Gehen auch Schnapskarten samt Zubehör?
  • Unser Geschirrspüler verrichtet noch ganz brav seinen Dienst, darf ich daher diese Ausgabe in etwa für fünf Jahre zurückstellen (für das Lagern eines Vorratskaufes hätte ich leider keinen Platz, es sei denn, Sie wären auch bereit, die Kosten eines kleinen Zubaus...)?
  • Der nächste Punkt ist etwas delikat und ich frage hier natürlich für den Freund einer Schwester eines ehemaligen Schulkollegen (alle drei übrigens auch langjährige Geschäftspartner der OenB): Muss es wirklich Cialis sein oder darf man, äh, darf der Freund der Schwester eines ehemaligen Schulkollegen auch das Konkurrenzprodukt Viagra erwerben? Hier würde ich übrigens zur Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Aufgabe der Nationalbank empfehlen, nur mehr Ausgaben für das in Österreich von der Firma des ehemaligen Wirtschaftsministers Bartenstein erzeugte Generikum anzuerkennen.

Leider kann ich mir einen Verzicht auf das Abrechnen dieser Spesen nicht leisten, seit ich jedes Jahr für mich und meine Familie ein paar Tausender zur Deckung meines Bad-Bank-Anteils an der von Ihren hochqualifizierten Prüfer als pumperlgesund eingestuften Hypo Alpe Adria rückstellen muss.

Im Sinne der Verwaltungsökonomie wäre das Übersenden einer Platinium-Kreditkarte der Nationalbank an mich am Besten: Die getätigten Ausgaben stehen dann eh auf der Kreditkartenabrechnung.

Sollten Sie meinem Wunsch aber aus mir unerfindlichen Gründen nicht näher treten können oder wollen, dann verraten Sie mir bitte wenigstens, welche Substanzen die oben genannten Prüferinnen und Prüfer vor Ihrer Tätigkeit einwerfen:

Wenn man die zur Einnahme hat, dann macht man sich als Staatsbürger wenigstens keine Sorgen und Gedanken mehr um den Umgang mit unseren Steuergeldern und den Anstand und die Moral von Repräsentanten der ehemals hoch angesehenen Bundesbankfiliale (jetzt: EZB-Filiale) in Wien.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Franz Strohmeier




Dienstag, 12. November 2013

Ein kurzes Telefonat irgendwann um den 1. September 2013 herum...

... zwischen irgendwem, nennen wir sie A und B, irgendwo in Österreich, irgendwann am Vormittag:

A: Wer stört?

B: [Unverständlich] Grüß Gott! Wir haben da neue Berechnungen. Das mit dem Budget wird sich hinten und vorne nicht ausgehen. Wir vermuten eine Finanzierungslücke in den nächsten Jahren von 20 - 40 Milliarden Euro. Ich wollte Sie vorab informieren, bevor wir die Zahlen veröffentlichen.

A: WAAAS wollen Sie?

B: Die Prognose veröffentlichen, sie ist ja schon fällig.

A: Kurze Frage: Wieviele Mitarbeiter hat ihr Institut?

B: Äh...

A: Und wieviel Prozent der Umsätze kommen von der öffentlichen Hand, insbesondere dem Finanzministerium?

B: Also...

A: Und glauben Sie, ich lasse mich von Wirtschaftsforscherrehäuglein irgendwie beeinflussen?

B: Nun, also, sicher nicht.

A: Was also wollen Sie wann?

B: Die Prognose schreiben, nachdem unser abgestürzter Computer wieder repariert ist, das könnte aber bis Ende Oktober dauern.

A: Macht doch nichts, dafür hab ich doch Verständnis.





Montag, 11. November 2013

Onlinepetition: Neuwahl jetzt!

Diese Petition kann >>>hier<<< online unterschrieben werden!


Vor der letzten Nationalratswahl am 29. September 2013 kam es zu einer historisch einmaligen Fehlinformation der Bevölkerung durch die auch derzeit noch im Amt befindliche Bundesregierung in Hinblick auf den Zustand des Bundesbudgets.


Die Höhe der bereits wenige Wochen nach der Wahl einzugestehenden Budgetlücke von je nach Quelle 20 bis 40 Milliarden Euro (zum Vergleich: das gesamte Ausgabenvolumen des Budgets 2013 beträgt 75 Milliarden Euro, die Lücke entspricht also rund 27 % bis 53 % eines Jahresbudgets) kann durch kein seit der Wahl im Sinne höherer Gewalt hereingebrochenes Ereignis plausibel erklärt werden.

Das Ausmaß und der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Finanzbedarfs lassen nur einen von zwei logischen Schlüssen zu:
  • Entweder wurde die Bevölkerung von den Verantwortlichen (insbesondere Bundeskanzler Faymann, Vizekanzler Spindelegger, Bundesministerin Fekter und Finanzstaatssekretär Schieder) aber auch den involvierten Experten und Beamten in einer nie dagewesenen Art und Weise bewusst falsch bzw. unvollständig informiert,
  • oder die genannten Personen sind in einem Ausmaß inkompetent und für das jeweilige Amt ungeeignet, dass deren  Weiterverbleiben an verantwortlichen Positionen schweren Schaden für die Republik Österreich befürchten lässt.
Aus diesem Grund kann fundiert behauptet werden, dass bei Kenntnis dieser Tatsachen das Wahlergebnis der Nationalratswahl 2013 signifikant anders gewesen wäre und es stellt sich somit die Frage nach der Legitimität der Zusammensetzung des derzeitigen Nationalrats.

Die Unterzeichner/Unterzeichnerinnen dieser Petition stellen daher folgende Forderungen:
  • Der Nationalrat möge ehestmöglich seine Auflösung beschließen und Neuwahlen veranlassen. 
  • Auf Grund der außergewöhnlichen Situation ist vorher legistisch sicherzustellen, dass
    • alle vor der letzen Nationalratswahl im Nationalrat vertretenen Parteien sowie die Gruppierungen, die für diese Wahl genügend Unterstützungserklärungen gesammelt hatten, bei der Neuwahl antrittsberechtigt sind,
    • die Wahlkampfkosten und jeder antretenden Partei auf EUR 1 Million begrenzt und davon maximal 50 % rückerstattet werden.
  • Die Mitglieder der derzeitigen  Bundesregierung haben sich durch das Mitwirken an bzw. das Nichtverhindern dieser beispiellosen Fehlinformation völlig diskreditiert. Die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen fordern daher Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer auf, den Herrn Bundeskanzler und die Bundesregierung gemäß Art. 70 Abs. 1 B-VG zu entlassen und mit den jeweiligen Ämtern Personen zu betrauen, die diesen Aufgaben charakterlich und intellektuell gewachsen sind.

Freitag, 8. November 2013

Die Verantwortung eines Bundespräsidenten

oder: Über die mögliche culpa in eligendo des HiFi.


Vor einigen Wochen haben wir, also diejenigen von uns, die wahlberechtigt waren und auch gültig gewählt haben, 183 Abgeordnete in den Nationalrat geschickt.

Das hat nun mal streng genommen im Sinne der Gewaltenteilung mit der Regierung gar nichts zu tun, es ist aber (nicht nur in Österreich) gelebte Realverfassung, dass es nach einer Nationalratswahl zur Neubildung einer Regierung kommt.

Nicht nur deshalb vermute ich einmal ohne zu großes Risiko, fehl zu gehen, dass 90 % der Österreicher und Österreicherinnen der festen Überzeugung sind, "den Bundeskanzler" und "die Regierung" gewählt zu haben.

Damit kommt dem Bundespräsidenten, der ja den Bundeskanzler und auf dessen Anregung die übrigen Mitglieder der Regierung ernennt, eine ganz besondere Bedeutung zu. Nicht nur im Bereich der Regierungsbildung hat ihn Herr Kelsen mit sehr vielen Rechten ausgestattet.

Nun könnte Herr Fischer jede(n) Beliebige(n)  (soferne er oder sie passiv zum Nationalrat wahlberechtigt ist) mit dieser Aufgabe betrauen, Hinz, Kunz, Sie oder auch mich. Oder eben andere echte Experten und/oder Persönlichkeiten.

In realiter hat der Spitzenkandidat der stimmenstärksten Partei hier seit Jahrzehnten das Badetuch am entsprechenden Sessel der Regierungsbank. Damit haben wir jetzt ein Problem. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Herr Faymann sich selbst als Kanzler nachfolgt, ist sehr groß. Und damit ist auch mit einem Wiedersehen zahlreicher Personen (nicht Persönlichkeiten) des alten Kabinetts im gleichen oder in einem anderen Regierungsamt zu rechnen.

Und hier muss man Heinz Fischer in die Pflicht nehmen:

Kann er es wirklich mit seinem Gewissen und der Verfassung, auf die er vereidigt wurde, vereinbaren, mit Herrn Faymann und Mr. EinpaarMillefürdenWerner zwei Männer zum Kanzler, Staatssekretär oder Kanzleramtsminister zu machen, die gerade eben im letzten Augenblick Frau Justizia von der Waagschale gesprungen sind - direkt in den kuscheligen Talar einer Quod-licet-Jovi-fährigen Staatsanwaltschaft?

Darf man jemandem die Macht eines Kanzlers geben, dessen Werte (herzlichen Dank an Frank Stronach für die jetzt jahrelange Diskreditierung dieses wichtigen Begriffs) darin bestehen, freie und unabhängige Abgeordnete über einen Klubobmann, dessen Integritätshalbwertszeit in Millisekunden zu messen war, einen Untersuchungsausschuss abwürgen zu lassen?

Ist jemand für ein hohes Amt geeignet, der als Außenminister (so stand es zumindest auf der Homepage) die systematische Ausspähung der Staatsbürger unwidersprochen gelassen hat und brav auf Anweisung aus Washington freiwillige Nachschau in der Maschine eines Staatsoberhaupts halten ließ?

Bisher ging es um schwammige soft facts. Wichtiger aber, und das gilt für alle Mitglieder der derzeitigen Regierung:

Wie kann man Leute den Staat lenken lassen, die entweder so verlogen und verantwortungslos oder so blöd und unfähig (tertium non datur) sind, am Tag vor der Wahl Budgetzahlen zu präsentieren, deren Ungültigkeit sich jetzt, so gut wie unmittelbar danach, herausstellt?

Oder hab ich in den letzten Wochen etwas versäumt? Ist der Nestroysche Komet runtergekommen und hat das Budget zertrümmert? Gab es Naturkatastrophen? Ist die Euro-Zone zerbrochen? Nein, nichts von dem: Nur Politiker, die, weil es bei uns allen ja auch so durchgeht, einfach keinen Genierer mehr kennen.

Und man möge der Öffentlichkeit bitte nicht mit "der EDV" kommen. Der Bund verfügt seit vielen Jahren und  seit dem Projekt HV-SAP über ein sehr gut eingerichtetes ERP-System, das es sehr leicht macht, verschiedene Budgetversionen zu erfassen, zu vergleichen und über das Reporting sehr schnell die aktuellen Zahlen bis zum Preis des gerade eben gekauften Kugelschreiber des Portiers des Bundeskanzleramtes zu liefern.

Man möchte den Betroffenen aber auch demjenigen, der sie dann trotzdem wahrscheinlich wieder angeloben wird, mit Joseph N. Welch zurufen: "You've done enough. Have you no sense of decency, sir? At long last, have you left no sense of decency?"

Das ist einer jener seltenen Momente, ich denen ich wünsche, der Staat wäre eine Aktiengesellschaft. Denn was (jetzt bei allen Unschärfen des Vergleichs, mir sind die genauen Aufgaben und Pflichten der Organe einer AG sehr wohl bekannt) würde wohl mit einem Vorstand und dessen Vorsitzenden passieren, der am Tag vor der Jahreshauptversammlung den Aktionären absichtlich oder zumindest grob fahrlässig eine falsche Budgetplanung präsentiert und das ein paar Tage danach auch zugeben muss?

Und was mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden, der diesen Vorstand im Amt belässt? Wer es genauer wissen will, findet im § 84 AktG (Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder) und hier entsprechende Anknüpfungspunkte.






Dienstag, 5. November 2013

Fekter-Studie Teil 3: Wenn die Mitzi net will, nutzt des gar nix, oder:

Das Auskunftspflichtgesetz als lex imperfecta

(Ok, ich hätte Haupt- und Zwischentitel auch tauschen können, aber, Hand auf's Herz, hätten Sie dann wirklich weiter gelesen?)

Wie in meinem Blog schon berichtet, habe ich einen Versuch gestartet, über den Weg des Auskunftspflichtgesetzes ein wenig mehr über die ominöse Studie ("Studie"?) des Finanzministeriums zu erfahren, die von Frau Noch-Ministerin Dr. Fekter vor der Wahl großartig als leider aus Datenschutzgründen nicht herzeigbarer unwiderlegbarer Beweis für die Schädlichkeit von Pfui-Gack-Vermögensteuern präsentiert wurde.

Die erste Antwort seitens eines Vertreters des Ministeriums war höflich, kann aber nur als höchstbehördliches "Schleich Dich!" interpretiert werden. So wurde keine der Fragen inhaltlich beantwortet. Auch die mir von Rechts wegen zustehende bescheidmäßige Erledigung blieb ein frommer Wunsch.

Meine nochmalige Bitte, meinem Auskunftsbegehren zu entsprechen blieb - erraten! - unbeantwortet. Und seit voriger Woche habe ich auch eine Ahnung,wieso: 

Voll Vertrauen auf die im Gesetz genannte Achtwochen-Frist und mit den Worten unserer sehr guten HAK-Professorin für Bürgerliches Recht und Volkswirtschaftslehre  (Geflügeltes Wort von Frau Dr. Dietlinde M: "Ich bin eine Juristin, und zwar eine sehr gute!") über Säumnis einer Behörde, Sechsmonatsfristen und Devolutionsanträge im Ohr stellte ich mir die Frage:

Wenn die oberste Behörde kein Ohrwascherl rührt - wohin soll ich mich wenden?

In Verfahrensrechten nicht  firm, bat ich meine Rechtsanwältin um Auskunft - mit dem Hintergedanken: "Wenn es nicht gerade ein Faymann-Jubelinserat im "heute" kostet, ist mir das die Sache wert!"

Die Antwort meiner Anwältin war desillusionierend und kurz zusammen gefasst wie folgt:

Bleibt eine Behörde  beim Antworten nach Auskunftspflichtgesetz (Warum fällt mir jetzt nur "Maschendrahtzaun" von Stefan Raab ein?) säumig, kann man sich an die Oberbehörde wenden, bleibt die oberste Behörde untätig, kann man hüpfen, springen, sich betrinken, fluchen - eine Antwort oder auch nur einen Bescheid (gegen den man dann wieder Rechtsmittel ergreifen könnte) erzwingen kann man nicht.

Schlaue Bürger könnten jetzt sagen: "Moment, da gibt es doch zum Beispiel einen Verwaltungsgerichtshof. Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja - aber der hatte schon viele ähnliche Fälle zur Entscheidung vorliegen und unterstützt in seiner Judikatur nur die Behörden dabei, dem seriös anfragenden Bürger den - sorry für den medizinischen Ausdruck - digitus medius zur gefälligen Interpretation zu zeigen:

Der VwGH weist zu Recht darauf hin, dass er nicht inhaltlich entscheiden kann, ob ein Ansinnen inhaltlich gerechtfertigt ist - daher: unzuständig. Und der Beschwerdeführer kann auch keinen Bescheid vorweisen, der zu beinspruchen wäre - daher: unzuständig. Zur wissenschaftlichen Erörterung dieser Spezifika des Umgangs in Österreich mit Bürgern siehe dieses Standardwerk

Die Materialien des Nationalrats (genauer: Regierungsvorlage) zu diesem Gesetz geben bezüglich Erzwingen einer eindeutigen Entscheidung ebenfalls nichts her:

Viel genauer kann, wer will, das unter folgenden Links nachlesen:
Daher, liebe Damen und Herren Abgeordnete: Ist das wirklich so gewünscht oder gibt es da nicht vielleicht doch einen Handlungs- und Verbesserungsbedarf? Denn wenn die Wahlmöglichkeit für Bürger nur darin besteht, auf gnädige Beamte zu hoffen und/oder so lange lästig zu sein, bis man eine Auskunft bekommt, sollte man das Gesetz wohl eher wahrheitsgemäß Auskunftsschaumamaldannsehnmaschongesetz taufen.

Bis dahin bleibt einem als Trost das Mitsingen mit dem unvergessenen Hans Moser




Hypo Alpe Adria: Eine ORF-Schlagzeile: „Nicht abschätzbares Hauptrisiko“

Darf's a bisserl mehr sein?


Zum Nachlesen: hier

Zu Zahlen noch vor den Wahlen: hier:















Über das Verständnis für den (Versorgungs?)-Posten für Josef Cap im Renner-Institut

Florian Klenk formuliert auf Facebook ein gewisses Unverständnis über die Empörung, die der neue Job von Josef Cap ausgelöst hat.


Klenks Argumentation hat natürlich etwas für sich, trotzdem glaube ich, dass sie zu kurz greift:

Herr Cap teilt (auf sehr, sehr hohem Niveau) das Schicksal, in älteren Jahren, wenn überhaupt, nur einen schlechter dotierten Job annehmen zu müssen (sic!) mit tausenden anderen Arbeitnehmern. Es bliebe ihm auch vollkommen unbenommen, sein Wissen und sein Know-How in der Privatwirtschaft zu verwerten. Und mit Privatwirtschaft meine ich weder de facto öffentliche Betriebe noch Lobbying.

Vor allem aber wird das Renner-Institut meines Wissens bzw. wird die SPÖ nicht allein aus Mitgliedsbeiträgen gespeist, sondern eben aus einer nicht gerade geringen Summe Steuergeldes (wogegen im Prinzip nichts einzuwenden ist). 

Zahlt also die SPÖ über reine Mitgliedsbeiträge (und deklarierte Spenden) durch sauber getrennte Rechnungskreise das Renner-Institut und holt sich das nicht auf Umwegen wieder zurück (die Plaketsauerei um die Faymann-Plakate aus dem Parlamentsklub zeugt hier von einer gewissen Kreativität bzw. von mangelnden Skrupeln, den Steuerzahler wo immer es geht, anzuzapfen) - ok, d'accord.

Sonst bleibt ein sehr, sehr schaler Beisgeschmack - und das Gefühl, dass die einzig privatwirtschaftlich wirklich adäquate Tätigkeit für den "Peppi-wos-is-aus-dir-wurn (Sigi Maron)" Cap die des Someliers in der Parlamentskantine gewesen wäre.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wie kommt man nur auf die Idee, sich als Blogger Jagerhansl zu nennen?

"Inventar nach dem Absterben der Maria Neuhold, Ehewirtin des Johann sel. [...] Johann Neuhold, vulgo Jager, besitzt einen kaufrechten Acker samt Hubweingarten nebst Behausung [...]" (aus einem Urbar um ca. 1750)

Wenn man am Land aufwächst, so gab und gibt es neben dem "zivilrechtlichen" Nachnamen des Eigentümers etwas viel Wichtigeres: Den an das Haus und den Hof gebundenen Hausnamen oder Vulgonamen.

So wurde aus dem Jager und dem z.B. auf Karten des Vermessungsamtes immer noch eingetragenen Jagahansl schließlich der seit mehreren Generationen von unserer Familie verwendete Jagerhansl.

Noch vor rund 20 Jahren erzählten manche, dass sie den Weg zu uns wie folgt fanden: "Entschuldigung, wo wohnt da die Familie Strohmeier?" "Strohmeier? Hm. Kenn i net!" "Die verkaufen Pfirsiche" "A so, da Pfirsichbaua Jagerhansl, do fohrn's so..."

Auch hat es mich in der HAK immer ein wenig gestört, wenn ebenfalls ländliche Kolleginnen* sich für das Nebenerwerbsbauerndasein (und einen Vulgonamen) fast geschämt haben, während ein guter Freund und ich immer ein wenig stolz darauf waren, so etwas zu haben.

Dem Vorschlag meines sehr geschätzten Chefs zu Universitätsassistentenzeiten, den Vulgonamen doch ins Telefonbuch eintragen bzw. auf die Visitenkarte dazu drucken zu lassen bin ich zwar bisher noch nicht gefolgt, aber so ein Blog ist eine gute Gelegenheit, solche sonst sehr schnell in Vergessenheit geratene Dinge etwas ins Bewusstsein bringen zu können.

Und so schreibt hier also der alte Jagerhansl (ja, das bin ich seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2007) inmitten der Kleiners, Lebers, Steris, Kainachers, Deichtmoars und Grobnhiasls lebend.

In der Pension werde ich dann hoffentlich auch Zeit finden zu recherchieren, wo der Vulgoname meiner Mutter (Tobbich - ausgesprochen wie eine Kombination des englischen "day" mit dem deutschen "wach") seinen Ursprung hat.

Übrigens werde ich zwei Dinge so schnell auch nicht vergessen:

Den mitleidigen Blick des äußerst freundlichen aber nur als schrullig zu bezeichnenden Mitarbeiters des Landesarchivs ob der Tatsache, dass wir in der HAK die alten Schriften nicht lernten, die zum Entziffern alter Urkunden nötig sind (er hat sich dann erbarmt...) und auch sein triumphierendes "Ha, ihr Vorfahre war ein Kapitalist!" ob der Erkenntnis aus oben angeführtem Inventar, dass es da neben vielen anderen penibel aufgeführten Dingen auch eine Herdplatte gab - etwas, das damals viele nicht hatten.

Montag, 21. Oktober 2013

Rating-Agenturen für Forums-Poster!

Ein paar Anmerkungen eines Uraltposters von derStandard.at (ca. 2500 Postings seit Mitte 2000 – das sollte für eine Rasterfahndung reichen) zu Kommentaren auf Facebook und Tweets von Armin Wolf und Herrn Hebestreit zur Klarnamen- und Qualitätsproblematik in Online-Foren. 


Vielleicht bin ich etwas altmodisch, weil ich nur poste, was ich auch als Leserbrief einschicken könnte (wobei das natürlich nur sehr bedingt vergleichbar ist) – und weil ich (nur?) vielleicht drei, vier Mal bewusst untergriffig geworden bin (als Reaktion auf ad hominem Angriffe) – somit naiverweise glaube, dass die gute Kinderstube ausreichen sollte.

Aber die Kritiker haben Recht, es gibt immer mehr Postings in immer mehr Foren, die ein Kopfschütteln hervorrufen – nur sollte man ein wenig aus dem österreichischen Tageszeitungs-Biotop hinraus gehen und vielleicht  ein paar Diskussionen z.B. auf dem Newsticker von www.heise.de verfolgen - das entspricht im Vergleich einem alten Antel-Film im Verhältnis zu den Sachen, die sich heutzutage Schulkinder am Smartphone ansehen können.

Und wenn die Kritik über den Untergang des Postingabendlandes von Leuten kommt, die selbst monatelang als agent provocateur posten, bekommt diese Aufregung einen schalen Beigeschmack.

Trotz allem bin ich ein Verfechter der Möglichkeit, unter einem Pseudonym im Sinne eines Künstlernamens zu arbeiten. Ich habe den im Standard auch beibehalten, als es da vor einiger Zeit eine Option zur Umstellung gab.

Warum? Nun, auch ein Postername hat eine gewisse, lange erarbeitete street credbility (jetzt im Sinne von Bekanntheitsgrad), die man nicht so einfach über Bord wirft.

Auch geht es manchmal um Äußerungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen bzw. geschäftlichen Tätigkeit zu Konflikten führen könnten.

Aber ein für mich wesentlicher Punkt ist auch die auf die Sekunde eingrenzbare Nachvollziehbarkeit des Postens selbst:

Das Surfen im Internet ist weitgehend anonym; das ewig lange Tratschen am Gang, der Aufenthalt in der Kaffeeküche und auch die x. Zigarette im Freien bleiben unregistriert – das Posten in der Dienstzeit (auch nach dem "Fair-Use-Prinzip") ist es nicht.

Die Zahl derer, die das Posten als Teil des Berufs und ihrer Aufgabe wahrnehmen können und sollen, ist enden wollend – und eine Forums-Diskussionskultur mit Postings rein in der Freizeit und am Wochenende verdorrt meiner Meinung nach sehr schnell.

Was ist aber die Lösung des Dilemmas, wie geht man vor, um ein Forum (von allen rechtlichen Aspekten jetzt einmal ganz abgesehen) von hetzerischen, sexistischen und kriminellen Postings frei zu halten?

Sorry, DIE Lösung habe ich auch nicht (sonst wäre ich jetzt nach Diktat verreist und suchte mir einen Venture-Kapitalgeber).

Aber meiner Meinung nach kann der Weg nur über Qualität statt Quantität gehen – solange Medien über reine Klickzahlen honoriert werden, haben sie nur die Wahl zwischen zwei Übeln.

Daher ein paar lose angeordnete Ideen (und sollte mir jetzt jemand mit der Elitarismuskeule kommen – dem bzw. der erzähle ich gerne per persönlichem Mail etwas über meine Biographie).

Somit (dass ich dieses Wort einmal positiv besetzt verwenden muss!):

Rating-Agenturen für Poster!


Die Grundidee besteht darin, Leserinnen* von Foren ein Profil erstellen zu lassen, welche Postings sie sehen wollen, je nachdem, ob sie von einem AAA oder einem E-Poster stammen – eventuell versehen mit einer Option, zufallsgesteuert auch eine bestimmte Zahl anderer Beiträge zu sehen, um nicht immer im eigenen Saft zu schmoren.

Diese Kriterien ließen sich auch teilweise von den Forumsbetreibern schon bei der Registrierung erzwingen:
  • verifizierter Klarname bzw. verifizierter Klarname gegenüber dem Forumsbetreiber,
  • registrierte Mail-Adresse nicht von einem Freemail-Provider (sorry, gmail.com, outlook.com etc. .pp.),
  • Zahl der geblockten Postings,
  • Zahl der Minus- und Plus-Bewertungen,
  • Textqualität der Postings (da gibt die Informationswissenschaft einiges her),
  • "Soziogramme" und "Zitationszirkeln" unter den Postern,
  • Impact-Faktoren errechnet z.B. auch aus der Tatsache, dass die Forumsteilnehmerin*  bloggt, in anderen Foren aktiv ist, twittert,
  • "Empfohlen-von"-Adelung durch Moderatorinnen* und Top-Posterinnen*,
  • bessere Sortiermöglichkeiten (auch nach Zahl der positiven und/oder negativen Bewertungen auf- und absteigend. 

Und was spricht dagegen, die Teilnehmerinnen* an den Foren beim Posten darüber zu informieren, dass das Posting vom Rechner mit der IP xxx.xxx.xxx.xxx abgeschickt wurde?

Warum nicht in den Foren auch transparenter sein, und bekannt geben, wie oft die Daten von Posterinnen* wegen zivilrechtlicher Ansprüche und/oder strafrechtlicher Verfolgung herausgegeben werden mussten?


All diese Maßnahmen bedeuten Aufwand, sie kosten Geld – aber ich vermute mal, sie rechnen sich, wenn man der Werbewirtschafte nicht nur eine hohe Anzahl von Klicks, sondern auch eine vielleicht geringere Anzahl von "qualifizierten" Klicks nachweisen kann.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Fake-Newsflash: Bundesregierung privatisiert - Laienspieltruppe übernimmt

Laienkrippenspieltruppe Kikeritschpatschen gewinnt einzigartigen Auftrag 

LKSK, die weltweit führende Laienkrippenspieltruppe, hat heute bekannt gegeben, einen Vertrag zur Aufführung einer Bundesregierung gewonnen zu haben. Es ist dies das erste Mal, dass das österreichische Wählervolk eine derartige Aufgabe in private Hände gibt.

LKSK wird Generalunternehmer des Sparvereins Unterstinkenbrunn, der wiederum Vertragspartner der Österreicherinnen und Österreicher ist. Der Auftrag hat ein Volumen von rund 1.000.000 EUR und wurde mit einer vorläufigen Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen.

Dieser Vertrag bietet rund 10 Schauspielerinnen*, zwei Ochsen, zwei Eseln und fünf Schafen einen sicheren Arbeitsplatz mit hohem Sozialprestige. Zusätzlich wird das Betreuungsteam des LKSK (Zeugwart, Schriftführer, Kassier etc.) für die Arbeitslust und Betreuung der Bundesregierung sorgen. Darüber hinaus übernimmt LKSK mittels befreundeter Vereine (Taubenzüchterverein St. Pölten, Schnupftabaksammelverein Oberstinkenbrunn u.ä.) die Universitäten, das öffentliche Gesundheitswesen und die Parteiakademien.


Karl "DaGscherte" Sackpower, Regisseur der LKSK, zeigte sich sehr erfreut darüber, dass LKSK als Austragungsorgansiation der nächsten Regierung ausgewählt wurde. Das markiere für ihn das erstmalige Auftreten auf Bühnen, auf denen die ganz großen Räder gedreht würden, überhaupt sei das erste Mal überhaupt so eine Aufgabe in Österreich an eine professionelle Laienspieltruppe vergeben worden. Es freut uns sehr, mit unseren erstklassigen und billigen Aufführungen das Publikum überzeugt und mit Ochs und Esel erfahrene Akteure für das Vortäuschen von Kompetenz und Führungsqualität an der Spitze der Regierung in unseren Reihen zu haben.

(inspiriert vom wirklichen Leben: Wir sind (noch) in Österreich)

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Weggeworfene Lebensmittel und (zu einfache?) Lösung

User @adlerhorst68 hat auf Twitter ein Bild gepostet, das gerade ob der Schlichtheit besonders aufrüttelnd ist:


Warum ist es nicht möglich, in eines der Gesetze unserer von der Dicke des Klopapiers bis zur Größe von Äpfeln regulierten Welt, ein paar simple Paragraphen einzubauen, ungefähr folgenden Inhalts:

§ 1 (1). Das Entsorgen noch genussfähiger Lebensmittel in größeren als haushaltsüblichen Mengen über Wege der Abfallwirtschaft ist verboten, soferne sich im Umkreis von 5 km anerkannte gemeinnützige Organisationen befinden, die solche Lebensmittel unentgeltlich an Bedürftige abgeben.

(2) Beim Zutreffen von Abs. 1 sind die Lebensmittel der Organisation mindestens zwei mal pro Woche zuzustellen bzw.im Falle von Kleinunternehmen bis zu einem jährlichen Umsatz von unter EUR 100.000,-- zur Abholung zu ortsüblichen Zeiten anzubieten.

(3) Die Grenze nach Abs. 1 erhöht sich auf 25 km so ferne die Organisationen anbieten, die Lebensmittel abzuholen oder abholen zu lassen.

(4) Im Falle mehrerer möglicher Empfänger bzw. Bewerber obliegt dem Gewerbetreibenden die freie Auswahl.

§ 2. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat jährlich per Erlass eine Liste der gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten gemeinnützigen Organisationen zu veröffentlichen.

§ 3 (1). Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen sind mit dem zehn- bis im Wiederholungsfall hundertfachen Verkaufswert der Lebensmittel zu ahnden. Bei gewerbsmäßigen Verstößen sind Haftstrafen bis zu 3 Monaten auszusprechen.

(2) Eingenommene Strafgelder sind nach Rechtskraft an die gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten Organisationen zu gleichen Teilen auszuschütten.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Ein Mosaiksteinchen zu Schwächen unseres Bildungssystems

Gestern war ich als Elternvertreter einer Klasse bei der Jahreshauptversammlung des Elternvereins. Es handelt sich dabei um einen äußerst engagierten und umtriebigen Verein der durch vielfältige Aktivitäten auch Gelder erwirtschaftet, die zum Wohl der Schule und der Schülerinnen* eingesetzt werden.

Einmal im Jahr trägt die Schulleitung auch die Wünsche vor, also der Dinge und Projekte, deren Kosten - zumindest teilweise - vom Elternverein übernommen werden sollen.

Heuer ist am Wunschzettel auch eine Schullizenz für eine Lernsoftware, Kostenpunkt rund € 500,--

Der Wunsch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finanzierbar.

Nur: Was machen Schulen, die keinen solchen Elternverein haben bzw. deren Elternverein auf Grund der Schulgröße nicht genug geldbringende Aktivitäten starten kann, um das zu übernehmen? Diese Kinder fallen durch den Rost.

Was ist mit den kostenlosen Schulmitteln, wenn wir uns langsam darauf hinbewegen, hier öffentlich nur eine "Grundversorgung" sicherzustellen? Haben wir dann statt der früher vielfach geschmähten "Krankenkassabrillen" die "Ministeriumslehrbehelfe"?

Und dabei geht es, nach einer vereinfachten Rechnung vergleichsweise um Peanuts: Mal nach einer vereinfachten Rechnung:

Wir hatten im Schuljahr 2011/12 laut Zahlenspiegel des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 3.135 Volksschulen mit 17.929 Klassen. Somit kostete bei Einzelerwerb von sagen wir vier CDs aus einer Reihe das ganze 6,27 Millionen Euro. Als österreichweite Lizenz somit nur einen Bruchteil dieser Summe.

Aber dafür haben wir natürlich kein Geld.





Donnerstag, 26. September 2013

Besonderer Applaus für zwei Lehrerinnen

Ohne weiteren Kommentar sei hier ohne Namens- und Schulnennung das Beispiel zweier Lehrerinnen genannt, die sich das Wohl der Schülerinnen* im wahrsten Sinne des Wortes etwas kosten lassen:

Meine Tochter besucht jetzt die dritte Klasse einer Volksschule. Mit Beginn der zweiten Klasse gab es aus erfreulichem Grund (die Klassenlehrerin wurde schwanger) einen Wechsel der Klassenlehrerin. Diese ist bei den Schülerinnen* sehr beliebt.

Gleichzeitig steht an der Schule ein Wechsel in der Position des Direktors an. All das spielt zusammen, sodass der Plan des Landesschulrates wie folgt aussah:

  • Die designierte Nachfolgerin des Direktors übernimmt für September und Oktober die Klasse, in die meine Tochter geht.
  • Die bisherige Klassenlehrerin wechselt an eine andere Schule.
  • Im November (dem Wunsch des jetzigen Direktors, wegen einer besseren Übergabe schon im Oktober in Pension gehen zu können, wurde nicht entsprochen) wechselt die dann Kurzzeit-Klassenlehrerin meiner Tochter in die Position der Direktorin.
  • Die Klasse meiner Tochter bekommt ab November eine gänzlich neue (= auch bisher nicht an der Schule tätige) Lehrerin.
Das wäre dann also für die Kinder die vierte Lehrerin innerhalb von zwei Schulljahren und zwei Schulmonaten gewesen.

Zum Wohl der Kinder haben die jetzige Klassenlehrerin und die designierte Direktoren dem Landesschulrat folgenden Vorschlag unterbreitet, der Gott sei Dank angenommen wurde:

Beide reduzieren für September und Oktober die Lehrververpflichtung auf 50 % und verzichten damit auf die Hälfte Ihres Gehalts. Im November wird die eine Lehrerin Direktorin und die andere übernimmt die Klasse wieder voll zu 100 % und bleibt den Schülerinnen* und Eltern auch erhalten.

Da kann man nur sagen: Chapeau!

Denn man darf nicht vergessen, dass das nicht nur einiges an Engagement bedeutet, sondern auch einen wirklichen finanziellen Verzicht in einem Beruf, der in Österreich schlechter bezahlt ist als der eines Ersatzbankfussballers des Tabellenletzten in der 5. Regionalliga Süd-Südwest-Nord-Nordost.

Freitag, 20. September 2013

Fekterstudie - 2. Anlauf

Wie hier gebloggt, habe ich ja versucht, über das Auskunftspflichtgesetz und eine Anfrage an das BMF nähere Informationen zur Fekter-Studie zu bekommen.

Das wurde mit einem freundlichen aber nichtssagenden Mail der Kommunikationsabteilung abgewimmelt:




Da ich es aber seit früher Jugend gewohnt bin, böse Briefe (jetzt: Mails) schreiben, habe ich darauf natürlich geantwortet (hier im Blog habe ich die Namen anonymisiert, alle stilistischen und orthographischen Fehler aber schweren Herzens belassen):

Sehr geehrte Frau -----, sehr geehrter Herr Mag. ------

ich danke Ihnen für die prompte und sehr freundliche Antwort. Ich kann aber nicht umhin, Ihnen meine Enttäuschung über den Inhalt des Schreibens mitzuteilen.

Ich habe meine Anfrage nicht als allgemeine Frage gestellt, sondern mein Recht nach dem Auskunftspflichtgesetz wahrgenommen, indem ich einer Behörde, in diesem Fall dem BMF, eine höflich formulierte und sachliche fundierte aus mehreren Fragen bestehende Anfrage zukommen ließ.

Die Art und Formulierung der Fragen lässt wohl unbestreitbar den Schluss zu, dass es mir hier um inhaltliche Auskünfte und nicht um das "Ärgern" einer Behörde geht, es somit nicht um einen Missbrauch der vom genannten Gesetz verbrieften Rechte handelt.

Auch umfasst nur ein Teil der Fragen "Namen von Unternehmen", auf den Grund der  Nichtbeantwortung der anderen Fragen, die zur Qualität und Beurteilung der Validität der Studie notwendig sind, sind Sie mit keiner Silbe eingegangen.

Die Argumentation des Ministeriums, wonach die Namen der Unternehmen geschützt werden müssen, ist für jemanden, der in seiner Zeit als Universitätsassistent sehr viele Studenten das Recherchieren in Datenbanken gelehrt hat, ungefähr von der Plausibilität wie das Argument einem Tischlermeister gegenüber, es sei aus Geheimnisschutz nötig, nicht zu verraten, dass es Tische mit vier Beinen gibt.

Jeder Privatperson (nur habe ich weder die Zeit dazu noch bin ich bereit, die entsprechenden Mittel aufzuwenden) bzw. jedem Journalisten ist es leicht möglich, über Firmenbuchabfragen festzustellen, welche Kapitalgesellschaften (darum dürfte es sich in mehr als 90% der Fälle handeln) in den letzten drei Jahren aufgelöst worden sind und ein wenig Recherche mehr bringt auch den Mutterkonzern zu Tage.

Ich darf Sie daher nochmals ersuchen, meine Anfrage inhaltlich zu beantworten oder aber, wie ich in meinem Schreiben unter Zitierung der relevanten Gesetzesstelle ausgeführt habe, meine Anfrage bescheidmäßig zu beantworten, inklusive Rechtsmittelbelehrung usw., damit ich mir gegebenenfalls Rechtsmittel überlegen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Franz Strohmeier

Stay tuned, ich werde über den weiteren Verlauf natürlich berichten:


Montag, 26. August 2013

Fekters Studie über Konzernabwanderungen und das Auskunftspflichtgesetz

Worum geht's?

Seit einigen Wochen geistert eine von der ÖVP in den Wahlkampf eingebrachte interne Studie des Finanzministeriums durch die Gegend, die Arbeitsplatzverluste durch die Abwanderung von Konzernen aus Österreich beklagt.

Schuld daran sei, wie unschwer zu erraten, die SPÖ mit ihrer Politik im Allgemeinen und den Plänen von Bundeskanzler Faymann bezüglich einer Vermögensteuer im Speziellen.

Eine Veröffentlichung der Studie wird von Frau Minister Fekter bis dato abgelehnt.

Darum habe ich mich entschlossen, eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an das Ministerium zu stellen. Die unten angeführte Anfrage wurde über das Kontaktformular eingebracht, unterscheidet sich also in layouttechnischer Sicht, nicht aber im Inhalt.

Im Formular habe ich auch meine vollständigen Kontaktdaten (Name, Adresse, Mailadresse) bekannt gegeben. Wenn jemand die Rechtsvorschrift nachlesen will, sie ist recht kurz: Auskunftspflichtgesetz im RIS:

Text meines Auskunftbegehrens


Sehr geehrte Damen und Herren,

seitens der Frau BM Dr. Fekter wurde in der Öffentlichkeit eine ministeriumsintern erstelle Studie erwähnt, die sich mit den Abwanderungen internationaler Konzerne aus Österreich in den letzten Jahren befasst.

Mangels Veröffentlichung der Studie (siehe dazu zuletzt u.a. http://orf.at/stories/2195993/ ersuche ich nun nach § 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. 287/1987 idgF um Beantwortung nachfolgender Fragen sowie Übermittlung eines Exemplars der Studie im PDF-Format. Für den Fall der Nichtbeantwortung der Fragen beantrage ich gemäß § 4 Auskunftpfichtgesetz eine bescheidmäßige Erledigung.

a) Allgemeines

  1. Wie lautet der offizielle Titel der Studie?
  2. Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ressorts haben diese Studie erstellt?
  3. Wer hat diese Studie in Auftrag gegeben?
  4. In welchem Zeitraum wurde diese Studie verfasst und wie viele Arbeitsstunden sind laut Zeitaufschreibungen des Ministeriums in Summe dafür aufgewendet worden?
  5. Wie viele Seiten A4 umfasst die Studie? Wie verteilen sich diese Seiten auf die Bereiche Deckblätter, Vorworte, Inhaltsverzeichnis, Haupttext, Literaturverzeichnis, Stichwortverzeichnis?
  6. Welche öffentlich zugänglichen Quellen wurden genutzt?

b) Inhaltliches

  1. Welchen Betrachtungszeitraum umfasst diese Studie?
  2. Welche Konzerne wurden untersucht?
  3. Wo hatten diese Konzerne ihren Sitz, eine Niederlassung oder Zweigstelle in Österreich bzw. wann wurden diese in Österreich begründet und beendet?
  4. Enthält die Studie Aussagen darüber, welche internationalen Unternehmen einen Sitz/eine Betriebsstätte im Betrachtungszeitrum in Österreich gegründet haben und immer noch haben?
  5. Wie viele Arbeitsplätze sind laut dieser Studie durch den Rückzug dieser Firmen in Österreich verloren gegangen. Bei Verwendung öffentlicher Quellen: Wie verteilen sich diese Verluste auf die einzelnen Unternehmen?
  6. Welche Steuerleistung haben diese Firmen im Jahr des Rückzugs in Österreich sowie in den vorangegangenen fünf Jahren erbracht. Sollte der Grundsatz der Vertraulichkeit einer konkreten Aufgliederung entgegenstehen ersuche ich um eine summarische Antwort.
  7. Wurden in der Studie wegfallende Förderungen, rückzuzahlende Subventionen gegengerechnet und wenn ja, in welcher Höhe?
  8. Worauf basieren die Studienergebnisse bezüglich verloren gegangener Arbeitsplätze? Wie wurde erhoben, ob und welcher Anteil der betroffenen Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen in welchem Zeitraum eine neue Stelle gefunden hat? Was waren die Ergebnisse dazu?
  9. Wurden die untersuchten Unternehmen/Konzerne bezüglich der Gründe für den Rückzug in Österreich befragt?
  10. Zu 9.: Wenn ja: Welche Erhebungsform wurde verwendet? Welche Gründe wurden seitens der Befragten angegeben. Welche statistische Verfahren der empirischen Sozialforschung wurden zur Prüfung und Validierung der Ergebnisse verwendet? Welche Ergebnisse brachte diese Validierung des Datenmaterials?
  11. Zu 9: Wenn nein: Durch welche Verfahren wurden die Aussagen der Studie dann statistisch und wissenschaftlich untermauert?
  12. Wurde den betroffenen Unternehmen eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben? Zu welchem Anteil haben die Unternehmen die Möglichkeit genutzt und in welcher Form wurden diese in die Studie eingearbeitet?
  13. Wurde an die betroffenen Unternehmen die Studie übermittelt?
  14. An wen wurden Studienexemplare in gedruckter Form verteilt?
  15. Da eine Veröffentlichung der Studie laut Medienberichten seitens des Ministerium aus Gründen des Datenschutzes nicht vorgesehen ist: Wie wurde sichergestellt, dass der Inhalt von keinem der unter 14. genannten Empfänger "geleakt" wird?

Eine Beantwortung meiner Fragen in elektronischer Form via Mail ist aus meiner Sicht ausreichend.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Franz Strohmeier


Mittwoch, 10. Juli 2013

Offener Brief an die Hersteller von Blutzuckermessgeräten

Liebe Hersteller von Blutzuckermessgeräten,

die nachfolgenden Zeilen sind unter der "To whom it may concern"-Prämisse zu sehen. Auf den einen von Ihnen werden sie etwas mehr, auf den anderen etwas weniger zutreffen – aber ich kenne aus meiner jetzt schon fast dreißigjährigen Karriere als Diabetiker keinen, für den sie vollkommen unzutreffend wären.

Jetzt, so vor dem Urlaub, gestatten Sie mir ein paar Fragen:
  • Sind Sie, jetzt im Jahr 2013, noch dazu bereit, im Hotel für die Computernutzung zu bezahlen? Was ist Ihnen dabei ein WLAN-Zugang wert? So 50 – 100 Euro pro Tag wären ok? Und was ist, wenn Ihnen das Hotelpersonal sagte, es wäre nur möglich, die Mails durch das Personal ausdrucken zu lassen. Undenkbar, oder?
  • Wie steht es mit der Handy-Nutzung? Roaminggebühren so von EUR 20,00 pro MB (nicht GB!) gingen die OK?
  • Wie lange hielten Sie einem Smartphone-Erzeuger die Treue, der Ihnen erklärt, eine Übertragung zwischen dem Telefon und Ihrem PC sei nur über Infrarot möglich und benötigte zudem ein Zusatzkästchen in der Größe eines Massivziegels, das natürlich zusätzlich in einer Apotheke zu einem ebensolchen Preis käuflich wohlfeil sei.
Sehen Sie, so geht es uns jungen und junggebliebenen Benutzerinnen und Benutzern Ihrer Messgeräte in einem Jahr, in dem jedes Handy die Rechenkapazität der Apollo-Missionen um ein Vielfaches übersteigt.

Die Anbindung vieler Blutzuckermessgeräte an die Smartphones und PCs ist technisch nicht nur nicht State of the Art, sie ist nicht einmal vorsintflutlich, nein, sie ist prähistorisch.

Das Problem für uns Betroffene ist vor allem das, dass uns die Versicherungen und Krankenkassen nur eine beschränkte Auswahl an Geräten und vor allem Teststreifen lässt, was unsere Wahlmöglichkeit doch einschränkt.

Können Sie mir bitte die (technische!) Notwendigkeit dafür verraten, dass man viele Ihrer Geräte nur über proprietäre Schnittstellen anschließen kann, deren Adapter noch dazu sogar die Größe des Messgerätes selbst übertrumpfen?

Ich kann Smartphones (privat und beruflich) verschiedener Hersteller über einen Micro-USB-Stecker (EU sei Dank, nur mehr ein Kabel!) sowohl an den Laptop anschließen als auch über einen Stecker in der Wohnung und einen Adapter im Auto laden.

Sind Ihre Geräte wirklich so viel komplexer als die High-End-Riege von Apple über HTC und LG bis Samsung, sodass die Verwendung eines etablierten Standards unmöglich ist?

Welche Vorteile sehen Sie in einer Infrarot-Übertragung im Vergleich zu USB, Bluetooth oder WLAN?

Auf wirkliche Gründe, weshalb ich für die Übertragung meiner Messdaten noch extra zahlen und mit der Kirche ums Kreuz wandern muss, bin ich wirklich gespannt.
Von Messgeräten  anno domini Zweitausendunddreizehn erwarte ich mir je nach Preis und Ausstattung folgende Merkmale:
  • Anschluss und Laden des Geräts am PC/Laptop/Tablet mittels einheitlicher USB-Schnittstelle sowie Lademöglichkeit über USB.
  • Direkte Datenübertragung über Bluetooth-Koppelung und/oder WLAN.
  • Einheitlicher Standard der Handvoll Hersteller zum Übermitteln der Daten und zum Auslesen (z.B. eine XML-Spezifikation) sowie dessen Offenlegung gegenüber den Herstellern von Diabetessoftware gepaart mit Möglichkeiten zur Übernahme des Datenbestandes beim Wechsel des Geräteanbieters.
  • Absprachen zwischen den Herstellern und Smartphone-Produzenten, um Geräte in einer Form anzubieten, die direkt als Adapter angeschlossen werden können. Hier gibt es bereits innovative Firmen. Die alten Platzhirsche könnten sich etwa an iBGStar und anderen ein Beispiel nehmen.
Kommen wir gleich proaktiv und präventiv zu ein paar Argumenten aus der beliebten Reihe "Das geht nicht und das haben wir immer schon so gemacht":

  • Nein, die Patienten und Anwender sind nicht überfordert. Eine immer größer werdende Zahl der Typ-I-Diabetiker und auch der sich immer mehr in einen früheren Beginn verschiebenden Typ-II-Diabetiker sind mit Computern und Handys aufgewachsen und auf Du und Du.
  • Nein, die Absprache zwischen konkurrierenden Unternehmen ist weder zu kompliziert noch unzumutbar. Vor allem, weil ich glaube, dass es hier schon eine gute Zusammenarbeit gibt.
  • Nein, die Kosten dafür sind nicht exorbitant und unternehmensgefährdend. Ich wage mal ganz frech zu behaupten, dass das in den Spannen des Gespanns Messgeräte/Teststreifen locker drinnen ist.
  • Nein, die Software dafür zu schreiben entspricht in der Komplexität nicht einer Reaktorsteuerung. Ich weiß, wovon ich rede, denn seit ebenso rund 30 Jahren programmiere ich jetzt.
  • Und, schlussendlich, nein, auch das Hardwaredesign ist keine unüberwindbare Hürde. Loben Sie einen Design-Preis für technische Universitäten aus und Sie werden sich wundern, was die Studenten und Studentinnen in welcher Zeit auf einem Chip und kleinen Platinen unterbringen
    Ich darf hier den österreichischen Fernsehmoderator Josef Broukal zitieren, dem in einem Club-2 von einem Ministerialbeamten erklärt wurde, dass manche Dinge technisch nicht gingen. Broukal, damals auch bekannter Datenbankprogrammierer, antwortete nur: Geben Sie mir zwei Wochen, und ich programmiere ihnen das.
Die Broukal-Argumentation maße ich mir weder an noch traue ich mir zu, aber trotzdem meine dringende Bitte an Sie:

Machen Sie uns Diabetikern das Leben ein wenig einfacher, holen Sie die Messgeräte in der Funktionalität in die Jetztzeit und machen Sie diese und damit das Diabetesmanagement – ein wenig Marketingsprech muss sein – sexier!

Mit freundlichen Grüßen
Franz Strohmeier

PS: Damit dieser Offene Brief auch wirklich offen ist, erlaube ich mir, ihn in einem Blog (http://jagerhansl.blogspot.com/2013/07/messgeraete.html) zu veröffentlichen.