Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wie kommt man nur auf die Idee, sich als Blogger Jagerhansl zu nennen?

"Inventar nach dem Absterben der Maria Neuhold, Ehewirtin des Johann sel. [...] Johann Neuhold, vulgo Jager, besitzt einen kaufrechten Acker samt Hubweingarten nebst Behausung [...]" (aus einem Urbar um ca. 1750)

Wenn man am Land aufwächst, so gab und gibt es neben dem "zivilrechtlichen" Nachnamen des Eigentümers etwas viel Wichtigeres: Den an das Haus und den Hof gebundenen Hausnamen oder Vulgonamen.

So wurde aus dem Jager und dem z.B. auf Karten des Vermessungsamtes immer noch eingetragenen Jagahansl schließlich der seit mehreren Generationen von unserer Familie verwendete Jagerhansl.

Noch vor rund 20 Jahren erzählten manche, dass sie den Weg zu uns wie folgt fanden: "Entschuldigung, wo wohnt da die Familie Strohmeier?" "Strohmeier? Hm. Kenn i net!" "Die verkaufen Pfirsiche" "A so, da Pfirsichbaua Jagerhansl, do fohrn's so..."

Auch hat es mich in der HAK immer ein wenig gestört, wenn ebenfalls ländliche Kolleginnen* sich für das Nebenerwerbsbauerndasein (und einen Vulgonamen) fast geschämt haben, während ein guter Freund und ich immer ein wenig stolz darauf waren, so etwas zu haben.

Dem Vorschlag meines sehr geschätzten Chefs zu Universitätsassistentenzeiten, den Vulgonamen doch ins Telefonbuch eintragen bzw. auf die Visitenkarte dazu drucken zu lassen bin ich zwar bisher noch nicht gefolgt, aber so ein Blog ist eine gute Gelegenheit, solche sonst sehr schnell in Vergessenheit geratene Dinge etwas ins Bewusstsein bringen zu können.

Und so schreibt hier also der alte Jagerhansl (ja, das bin ich seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2007) inmitten der Kleiners, Lebers, Steris, Kainachers, Deichtmoars und Grobnhiasls lebend.

In der Pension werde ich dann hoffentlich auch Zeit finden zu recherchieren, wo der Vulgoname meiner Mutter (Tobbich - ausgesprochen wie eine Kombination des englischen "day" mit dem deutschen "wach") seinen Ursprung hat.

Übrigens werde ich zwei Dinge so schnell auch nicht vergessen:

Den mitleidigen Blick des äußerst freundlichen aber nur als schrullig zu bezeichnenden Mitarbeiters des Landesarchivs ob der Tatsache, dass wir in der HAK die alten Schriften nicht lernten, die zum Entziffern alter Urkunden nötig sind (er hat sich dann erbarmt...) und auch sein triumphierendes "Ha, ihr Vorfahre war ein Kapitalist!" ob der Erkenntnis aus oben angeführtem Inventar, dass es da neben vielen anderen penibel aufgeführten Dingen auch eine Herdplatte gab - etwas, das damals viele nicht hatten.

Montag, 21. Oktober 2013

Rating-Agenturen für Forums-Poster!

Ein paar Anmerkungen eines Uraltposters von derStandard.at (ca. 2500 Postings seit Mitte 2000 – das sollte für eine Rasterfahndung reichen) zu Kommentaren auf Facebook und Tweets von Armin Wolf und Herrn Hebestreit zur Klarnamen- und Qualitätsproblematik in Online-Foren. 


Vielleicht bin ich etwas altmodisch, weil ich nur poste, was ich auch als Leserbrief einschicken könnte (wobei das natürlich nur sehr bedingt vergleichbar ist) – und weil ich (nur?) vielleicht drei, vier Mal bewusst untergriffig geworden bin (als Reaktion auf ad hominem Angriffe) – somit naiverweise glaube, dass die gute Kinderstube ausreichen sollte.

Aber die Kritiker haben Recht, es gibt immer mehr Postings in immer mehr Foren, die ein Kopfschütteln hervorrufen – nur sollte man ein wenig aus dem österreichischen Tageszeitungs-Biotop hinraus gehen und vielleicht  ein paar Diskussionen z.B. auf dem Newsticker von www.heise.de verfolgen - das entspricht im Vergleich einem alten Antel-Film im Verhältnis zu den Sachen, die sich heutzutage Schulkinder am Smartphone ansehen können.

Und wenn die Kritik über den Untergang des Postingabendlandes von Leuten kommt, die selbst monatelang als agent provocateur posten, bekommt diese Aufregung einen schalen Beigeschmack.

Trotz allem bin ich ein Verfechter der Möglichkeit, unter einem Pseudonym im Sinne eines Künstlernamens zu arbeiten. Ich habe den im Standard auch beibehalten, als es da vor einiger Zeit eine Option zur Umstellung gab.

Warum? Nun, auch ein Postername hat eine gewisse, lange erarbeitete street credbility (jetzt im Sinne von Bekanntheitsgrad), die man nicht so einfach über Bord wirft.

Auch geht es manchmal um Äußerungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen bzw. geschäftlichen Tätigkeit zu Konflikten führen könnten.

Aber ein für mich wesentlicher Punkt ist auch die auf die Sekunde eingrenzbare Nachvollziehbarkeit des Postens selbst:

Das Surfen im Internet ist weitgehend anonym; das ewig lange Tratschen am Gang, der Aufenthalt in der Kaffeeküche und auch die x. Zigarette im Freien bleiben unregistriert – das Posten in der Dienstzeit (auch nach dem "Fair-Use-Prinzip") ist es nicht.

Die Zahl derer, die das Posten als Teil des Berufs und ihrer Aufgabe wahrnehmen können und sollen, ist enden wollend – und eine Forums-Diskussionskultur mit Postings rein in der Freizeit und am Wochenende verdorrt meiner Meinung nach sehr schnell.

Was ist aber die Lösung des Dilemmas, wie geht man vor, um ein Forum (von allen rechtlichen Aspekten jetzt einmal ganz abgesehen) von hetzerischen, sexistischen und kriminellen Postings frei zu halten?

Sorry, DIE Lösung habe ich auch nicht (sonst wäre ich jetzt nach Diktat verreist und suchte mir einen Venture-Kapitalgeber).

Aber meiner Meinung nach kann der Weg nur über Qualität statt Quantität gehen – solange Medien über reine Klickzahlen honoriert werden, haben sie nur die Wahl zwischen zwei Übeln.

Daher ein paar lose angeordnete Ideen (und sollte mir jetzt jemand mit der Elitarismuskeule kommen – dem bzw. der erzähle ich gerne per persönlichem Mail etwas über meine Biographie).

Somit (dass ich dieses Wort einmal positiv besetzt verwenden muss!):

Rating-Agenturen für Poster!


Die Grundidee besteht darin, Leserinnen* von Foren ein Profil erstellen zu lassen, welche Postings sie sehen wollen, je nachdem, ob sie von einem AAA oder einem E-Poster stammen – eventuell versehen mit einer Option, zufallsgesteuert auch eine bestimmte Zahl anderer Beiträge zu sehen, um nicht immer im eigenen Saft zu schmoren.

Diese Kriterien ließen sich auch teilweise von den Forumsbetreibern schon bei der Registrierung erzwingen:
  • verifizierter Klarname bzw. verifizierter Klarname gegenüber dem Forumsbetreiber,
  • registrierte Mail-Adresse nicht von einem Freemail-Provider (sorry, gmail.com, outlook.com etc. .pp.),
  • Zahl der geblockten Postings,
  • Zahl der Minus- und Plus-Bewertungen,
  • Textqualität der Postings (da gibt die Informationswissenschaft einiges her),
  • "Soziogramme" und "Zitationszirkeln" unter den Postern,
  • Impact-Faktoren errechnet z.B. auch aus der Tatsache, dass die Forumsteilnehmerin*  bloggt, in anderen Foren aktiv ist, twittert,
  • "Empfohlen-von"-Adelung durch Moderatorinnen* und Top-Posterinnen*,
  • bessere Sortiermöglichkeiten (auch nach Zahl der positiven und/oder negativen Bewertungen auf- und absteigend. 

Und was spricht dagegen, die Teilnehmerinnen* an den Foren beim Posten darüber zu informieren, dass das Posting vom Rechner mit der IP xxx.xxx.xxx.xxx abgeschickt wurde?

Warum nicht in den Foren auch transparenter sein, und bekannt geben, wie oft die Daten von Posterinnen* wegen zivilrechtlicher Ansprüche und/oder strafrechtlicher Verfolgung herausgegeben werden mussten?


All diese Maßnahmen bedeuten Aufwand, sie kosten Geld – aber ich vermute mal, sie rechnen sich, wenn man der Werbewirtschafte nicht nur eine hohe Anzahl von Klicks, sondern auch eine vielleicht geringere Anzahl von "qualifizierten" Klicks nachweisen kann.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Fake-Newsflash: Bundesregierung privatisiert - Laienspieltruppe übernimmt

Laienkrippenspieltruppe Kikeritschpatschen gewinnt einzigartigen Auftrag 

LKSK, die weltweit führende Laienkrippenspieltruppe, hat heute bekannt gegeben, einen Vertrag zur Aufführung einer Bundesregierung gewonnen zu haben. Es ist dies das erste Mal, dass das österreichische Wählervolk eine derartige Aufgabe in private Hände gibt.

LKSK wird Generalunternehmer des Sparvereins Unterstinkenbrunn, der wiederum Vertragspartner der Österreicherinnen und Österreicher ist. Der Auftrag hat ein Volumen von rund 1.000.000 EUR und wurde mit einer vorläufigen Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen.

Dieser Vertrag bietet rund 10 Schauspielerinnen*, zwei Ochsen, zwei Eseln und fünf Schafen einen sicheren Arbeitsplatz mit hohem Sozialprestige. Zusätzlich wird das Betreuungsteam des LKSK (Zeugwart, Schriftführer, Kassier etc.) für die Arbeitslust und Betreuung der Bundesregierung sorgen. Darüber hinaus übernimmt LKSK mittels befreundeter Vereine (Taubenzüchterverein St. Pölten, Schnupftabaksammelverein Oberstinkenbrunn u.ä.) die Universitäten, das öffentliche Gesundheitswesen und die Parteiakademien.


Karl "DaGscherte" Sackpower, Regisseur der LKSK, zeigte sich sehr erfreut darüber, dass LKSK als Austragungsorgansiation der nächsten Regierung ausgewählt wurde. Das markiere für ihn das erstmalige Auftreten auf Bühnen, auf denen die ganz großen Räder gedreht würden, überhaupt sei das erste Mal überhaupt so eine Aufgabe in Österreich an eine professionelle Laienspieltruppe vergeben worden. Es freut uns sehr, mit unseren erstklassigen und billigen Aufführungen das Publikum überzeugt und mit Ochs und Esel erfahrene Akteure für das Vortäuschen von Kompetenz und Führungsqualität an der Spitze der Regierung in unseren Reihen zu haben.

(inspiriert vom wirklichen Leben: Wir sind (noch) in Österreich)

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Weggeworfene Lebensmittel und (zu einfache?) Lösung

User @adlerhorst68 hat auf Twitter ein Bild gepostet, das gerade ob der Schlichtheit besonders aufrüttelnd ist:


Warum ist es nicht möglich, in eines der Gesetze unserer von der Dicke des Klopapiers bis zur Größe von Äpfeln regulierten Welt, ein paar simple Paragraphen einzubauen, ungefähr folgenden Inhalts:

§ 1 (1). Das Entsorgen noch genussfähiger Lebensmittel in größeren als haushaltsüblichen Mengen über Wege der Abfallwirtschaft ist verboten, soferne sich im Umkreis von 5 km anerkannte gemeinnützige Organisationen befinden, die solche Lebensmittel unentgeltlich an Bedürftige abgeben.

(2) Beim Zutreffen von Abs. 1 sind die Lebensmittel der Organisation mindestens zwei mal pro Woche zuzustellen bzw.im Falle von Kleinunternehmen bis zu einem jährlichen Umsatz von unter EUR 100.000,-- zur Abholung zu ortsüblichen Zeiten anzubieten.

(3) Die Grenze nach Abs. 1 erhöht sich auf 25 km so ferne die Organisationen anbieten, die Lebensmittel abzuholen oder abholen zu lassen.

(4) Im Falle mehrerer möglicher Empfänger bzw. Bewerber obliegt dem Gewerbetreibenden die freie Auswahl.

§ 2. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat jährlich per Erlass eine Liste der gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten gemeinnützigen Organisationen zu veröffentlichen.

§ 3 (1). Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen sind mit dem zehn- bis im Wiederholungsfall hundertfachen Verkaufswert der Lebensmittel zu ahnden. Bei gewerbsmäßigen Verstößen sind Haftstrafen bis zu 3 Monaten auszusprechen.

(2) Eingenommene Strafgelder sind nach Rechtskraft an die gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten Organisationen zu gleichen Teilen auszuschütten.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Ein Mosaiksteinchen zu Schwächen unseres Bildungssystems

Gestern war ich als Elternvertreter einer Klasse bei der Jahreshauptversammlung des Elternvereins. Es handelt sich dabei um einen äußerst engagierten und umtriebigen Verein der durch vielfältige Aktivitäten auch Gelder erwirtschaftet, die zum Wohl der Schule und der Schülerinnen* eingesetzt werden.

Einmal im Jahr trägt die Schulleitung auch die Wünsche vor, also der Dinge und Projekte, deren Kosten - zumindest teilweise - vom Elternverein übernommen werden sollen.

Heuer ist am Wunschzettel auch eine Schullizenz für eine Lernsoftware, Kostenpunkt rund € 500,--

Der Wunsch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finanzierbar.

Nur: Was machen Schulen, die keinen solchen Elternverein haben bzw. deren Elternverein auf Grund der Schulgröße nicht genug geldbringende Aktivitäten starten kann, um das zu übernehmen? Diese Kinder fallen durch den Rost.

Was ist mit den kostenlosen Schulmitteln, wenn wir uns langsam darauf hinbewegen, hier öffentlich nur eine "Grundversorgung" sicherzustellen? Haben wir dann statt der früher vielfach geschmähten "Krankenkassabrillen" die "Ministeriumslehrbehelfe"?

Und dabei geht es, nach einer vereinfachten Rechnung vergleichsweise um Peanuts: Mal nach einer vereinfachten Rechnung:

Wir hatten im Schuljahr 2011/12 laut Zahlenspiegel des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 3.135 Volksschulen mit 17.929 Klassen. Somit kostete bei Einzelerwerb von sagen wir vier CDs aus einer Reihe das ganze 6,27 Millionen Euro. Als österreichweite Lizenz somit nur einen Bruchteil dieser Summe.

Aber dafür haben wir natürlich kein Geld.





Donnerstag, 26. September 2013

Besonderer Applaus für zwei Lehrerinnen

Ohne weiteren Kommentar sei hier ohne Namens- und Schulnennung das Beispiel zweier Lehrerinnen genannt, die sich das Wohl der Schülerinnen* im wahrsten Sinne des Wortes etwas kosten lassen:

Meine Tochter besucht jetzt die dritte Klasse einer Volksschule. Mit Beginn der zweiten Klasse gab es aus erfreulichem Grund (die Klassenlehrerin wurde schwanger) einen Wechsel der Klassenlehrerin. Diese ist bei den Schülerinnen* sehr beliebt.

Gleichzeitig steht an der Schule ein Wechsel in der Position des Direktors an. All das spielt zusammen, sodass der Plan des Landesschulrates wie folgt aussah:

  • Die designierte Nachfolgerin des Direktors übernimmt für September und Oktober die Klasse, in die meine Tochter geht.
  • Die bisherige Klassenlehrerin wechselt an eine andere Schule.
  • Im November (dem Wunsch des jetzigen Direktors, wegen einer besseren Übergabe schon im Oktober in Pension gehen zu können, wurde nicht entsprochen) wechselt die dann Kurzzeit-Klassenlehrerin meiner Tochter in die Position der Direktorin.
  • Die Klasse meiner Tochter bekommt ab November eine gänzlich neue (= auch bisher nicht an der Schule tätige) Lehrerin.
Das wäre dann also für die Kinder die vierte Lehrerin innerhalb von zwei Schulljahren und zwei Schulmonaten gewesen.

Zum Wohl der Kinder haben die jetzige Klassenlehrerin und die designierte Direktoren dem Landesschulrat folgenden Vorschlag unterbreitet, der Gott sei Dank angenommen wurde:

Beide reduzieren für September und Oktober die Lehrververpflichtung auf 50 % und verzichten damit auf die Hälfte Ihres Gehalts. Im November wird die eine Lehrerin Direktorin und die andere übernimmt die Klasse wieder voll zu 100 % und bleibt den Schülerinnen* und Eltern auch erhalten.

Da kann man nur sagen: Chapeau!

Denn man darf nicht vergessen, dass das nicht nur einiges an Engagement bedeutet, sondern auch einen wirklichen finanziellen Verzicht in einem Beruf, der in Österreich schlechter bezahlt ist als der eines Ersatzbankfussballers des Tabellenletzten in der 5. Regionalliga Süd-Südwest-Nord-Nordost.

Freitag, 20. September 2013

Fekterstudie - 2. Anlauf

Wie hier gebloggt, habe ich ja versucht, über das Auskunftspflichtgesetz und eine Anfrage an das BMF nähere Informationen zur Fekter-Studie zu bekommen.

Das wurde mit einem freundlichen aber nichtssagenden Mail der Kommunikationsabteilung abgewimmelt:




Da ich es aber seit früher Jugend gewohnt bin, böse Briefe (jetzt: Mails) schreiben, habe ich darauf natürlich geantwortet (hier im Blog habe ich die Namen anonymisiert, alle stilistischen und orthographischen Fehler aber schweren Herzens belassen):

Sehr geehrte Frau -----, sehr geehrter Herr Mag. ------

ich danke Ihnen für die prompte und sehr freundliche Antwort. Ich kann aber nicht umhin, Ihnen meine Enttäuschung über den Inhalt des Schreibens mitzuteilen.

Ich habe meine Anfrage nicht als allgemeine Frage gestellt, sondern mein Recht nach dem Auskunftspflichtgesetz wahrgenommen, indem ich einer Behörde, in diesem Fall dem BMF, eine höflich formulierte und sachliche fundierte aus mehreren Fragen bestehende Anfrage zukommen ließ.

Die Art und Formulierung der Fragen lässt wohl unbestreitbar den Schluss zu, dass es mir hier um inhaltliche Auskünfte und nicht um das "Ärgern" einer Behörde geht, es somit nicht um einen Missbrauch der vom genannten Gesetz verbrieften Rechte handelt.

Auch umfasst nur ein Teil der Fragen "Namen von Unternehmen", auf den Grund der  Nichtbeantwortung der anderen Fragen, die zur Qualität und Beurteilung der Validität der Studie notwendig sind, sind Sie mit keiner Silbe eingegangen.

Die Argumentation des Ministeriums, wonach die Namen der Unternehmen geschützt werden müssen, ist für jemanden, der in seiner Zeit als Universitätsassistent sehr viele Studenten das Recherchieren in Datenbanken gelehrt hat, ungefähr von der Plausibilität wie das Argument einem Tischlermeister gegenüber, es sei aus Geheimnisschutz nötig, nicht zu verraten, dass es Tische mit vier Beinen gibt.

Jeder Privatperson (nur habe ich weder die Zeit dazu noch bin ich bereit, die entsprechenden Mittel aufzuwenden) bzw. jedem Journalisten ist es leicht möglich, über Firmenbuchabfragen festzustellen, welche Kapitalgesellschaften (darum dürfte es sich in mehr als 90% der Fälle handeln) in den letzten drei Jahren aufgelöst worden sind und ein wenig Recherche mehr bringt auch den Mutterkonzern zu Tage.

Ich darf Sie daher nochmals ersuchen, meine Anfrage inhaltlich zu beantworten oder aber, wie ich in meinem Schreiben unter Zitierung der relevanten Gesetzesstelle ausgeführt habe, meine Anfrage bescheidmäßig zu beantworten, inklusive Rechtsmittelbelehrung usw., damit ich mir gegebenenfalls Rechtsmittel überlegen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Franz Strohmeier

Stay tuned, ich werde über den weiteren Verlauf natürlich berichten:


Montag, 26. August 2013

Fekters Studie über Konzernabwanderungen und das Auskunftspflichtgesetz

Worum geht's?

Seit einigen Wochen geistert eine von der ÖVP in den Wahlkampf eingebrachte interne Studie des Finanzministeriums durch die Gegend, die Arbeitsplatzverluste durch die Abwanderung von Konzernen aus Österreich beklagt.

Schuld daran sei, wie unschwer zu erraten, die SPÖ mit ihrer Politik im Allgemeinen und den Plänen von Bundeskanzler Faymann bezüglich einer Vermögensteuer im Speziellen.

Eine Veröffentlichung der Studie wird von Frau Minister Fekter bis dato abgelehnt.

Darum habe ich mich entschlossen, eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an das Ministerium zu stellen. Die unten angeführte Anfrage wurde über das Kontaktformular eingebracht, unterscheidet sich also in layouttechnischer Sicht, nicht aber im Inhalt.

Im Formular habe ich auch meine vollständigen Kontaktdaten (Name, Adresse, Mailadresse) bekannt gegeben. Wenn jemand die Rechtsvorschrift nachlesen will, sie ist recht kurz: Auskunftspflichtgesetz im RIS:

Text meines Auskunftbegehrens


Sehr geehrte Damen und Herren,

seitens der Frau BM Dr. Fekter wurde in der Öffentlichkeit eine ministeriumsintern erstelle Studie erwähnt, die sich mit den Abwanderungen internationaler Konzerne aus Österreich in den letzten Jahren befasst.

Mangels Veröffentlichung der Studie (siehe dazu zuletzt u.a. http://orf.at/stories/2195993/ ersuche ich nun nach § 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. 287/1987 idgF um Beantwortung nachfolgender Fragen sowie Übermittlung eines Exemplars der Studie im PDF-Format. Für den Fall der Nichtbeantwortung der Fragen beantrage ich gemäß § 4 Auskunftpfichtgesetz eine bescheidmäßige Erledigung.

a) Allgemeines

  1. Wie lautet der offizielle Titel der Studie?
  2. Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ressorts haben diese Studie erstellt?
  3. Wer hat diese Studie in Auftrag gegeben?
  4. In welchem Zeitraum wurde diese Studie verfasst und wie viele Arbeitsstunden sind laut Zeitaufschreibungen des Ministeriums in Summe dafür aufgewendet worden?
  5. Wie viele Seiten A4 umfasst die Studie? Wie verteilen sich diese Seiten auf die Bereiche Deckblätter, Vorworte, Inhaltsverzeichnis, Haupttext, Literaturverzeichnis, Stichwortverzeichnis?
  6. Welche öffentlich zugänglichen Quellen wurden genutzt?

b) Inhaltliches

  1. Welchen Betrachtungszeitraum umfasst diese Studie?
  2. Welche Konzerne wurden untersucht?
  3. Wo hatten diese Konzerne ihren Sitz, eine Niederlassung oder Zweigstelle in Österreich bzw. wann wurden diese in Österreich begründet und beendet?
  4. Enthält die Studie Aussagen darüber, welche internationalen Unternehmen einen Sitz/eine Betriebsstätte im Betrachtungszeitrum in Österreich gegründet haben und immer noch haben?
  5. Wie viele Arbeitsplätze sind laut dieser Studie durch den Rückzug dieser Firmen in Österreich verloren gegangen. Bei Verwendung öffentlicher Quellen: Wie verteilen sich diese Verluste auf die einzelnen Unternehmen?
  6. Welche Steuerleistung haben diese Firmen im Jahr des Rückzugs in Österreich sowie in den vorangegangenen fünf Jahren erbracht. Sollte der Grundsatz der Vertraulichkeit einer konkreten Aufgliederung entgegenstehen ersuche ich um eine summarische Antwort.
  7. Wurden in der Studie wegfallende Förderungen, rückzuzahlende Subventionen gegengerechnet und wenn ja, in welcher Höhe?
  8. Worauf basieren die Studienergebnisse bezüglich verloren gegangener Arbeitsplätze? Wie wurde erhoben, ob und welcher Anteil der betroffenen Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen in welchem Zeitraum eine neue Stelle gefunden hat? Was waren die Ergebnisse dazu?
  9. Wurden die untersuchten Unternehmen/Konzerne bezüglich der Gründe für den Rückzug in Österreich befragt?
  10. Zu 9.: Wenn ja: Welche Erhebungsform wurde verwendet? Welche Gründe wurden seitens der Befragten angegeben. Welche statistische Verfahren der empirischen Sozialforschung wurden zur Prüfung und Validierung der Ergebnisse verwendet? Welche Ergebnisse brachte diese Validierung des Datenmaterials?
  11. Zu 9: Wenn nein: Durch welche Verfahren wurden die Aussagen der Studie dann statistisch und wissenschaftlich untermauert?
  12. Wurde den betroffenen Unternehmen eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben? Zu welchem Anteil haben die Unternehmen die Möglichkeit genutzt und in welcher Form wurden diese in die Studie eingearbeitet?
  13. Wurde an die betroffenen Unternehmen die Studie übermittelt?
  14. An wen wurden Studienexemplare in gedruckter Form verteilt?
  15. Da eine Veröffentlichung der Studie laut Medienberichten seitens des Ministerium aus Gründen des Datenschutzes nicht vorgesehen ist: Wie wurde sichergestellt, dass der Inhalt von keinem der unter 14. genannten Empfänger "geleakt" wird?

Eine Beantwortung meiner Fragen in elektronischer Form via Mail ist aus meiner Sicht ausreichend.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Franz Strohmeier


Mittwoch, 10. Juli 2013

Offener Brief an die Hersteller von Blutzuckermessgeräten

Liebe Hersteller von Blutzuckermessgeräten,

die nachfolgenden Zeilen sind unter der "To whom it may concern"-Prämisse zu sehen. Auf den einen von Ihnen werden sie etwas mehr, auf den anderen etwas weniger zutreffen – aber ich kenne aus meiner jetzt schon fast dreißigjährigen Karriere als Diabetiker keinen, für den sie vollkommen unzutreffend wären.

Jetzt, so vor dem Urlaub, gestatten Sie mir ein paar Fragen:
  • Sind Sie, jetzt im Jahr 2013, noch dazu bereit, im Hotel für die Computernutzung zu bezahlen? Was ist Ihnen dabei ein WLAN-Zugang wert? So 50 – 100 Euro pro Tag wären ok? Und was ist, wenn Ihnen das Hotelpersonal sagte, es wäre nur möglich, die Mails durch das Personal ausdrucken zu lassen. Undenkbar, oder?
  • Wie steht es mit der Handy-Nutzung? Roaminggebühren so von EUR 20,00 pro MB (nicht GB!) gingen die OK?
  • Wie lange hielten Sie einem Smartphone-Erzeuger die Treue, der Ihnen erklärt, eine Übertragung zwischen dem Telefon und Ihrem PC sei nur über Infrarot möglich und benötigte zudem ein Zusatzkästchen in der Größe eines Massivziegels, das natürlich zusätzlich in einer Apotheke zu einem ebensolchen Preis käuflich wohlfeil sei.
Sehen Sie, so geht es uns jungen und junggebliebenen Benutzerinnen und Benutzern Ihrer Messgeräte in einem Jahr, in dem jedes Handy die Rechenkapazität der Apollo-Missionen um ein Vielfaches übersteigt.

Die Anbindung vieler Blutzuckermessgeräte an die Smartphones und PCs ist technisch nicht nur nicht State of the Art, sie ist nicht einmal vorsintflutlich, nein, sie ist prähistorisch.

Das Problem für uns Betroffene ist vor allem das, dass uns die Versicherungen und Krankenkassen nur eine beschränkte Auswahl an Geräten und vor allem Teststreifen lässt, was unsere Wahlmöglichkeit doch einschränkt.

Können Sie mir bitte die (technische!) Notwendigkeit dafür verraten, dass man viele Ihrer Geräte nur über proprietäre Schnittstellen anschließen kann, deren Adapter noch dazu sogar die Größe des Messgerätes selbst übertrumpfen?

Ich kann Smartphones (privat und beruflich) verschiedener Hersteller über einen Micro-USB-Stecker (EU sei Dank, nur mehr ein Kabel!) sowohl an den Laptop anschließen als auch über einen Stecker in der Wohnung und einen Adapter im Auto laden.

Sind Ihre Geräte wirklich so viel komplexer als die High-End-Riege von Apple über HTC und LG bis Samsung, sodass die Verwendung eines etablierten Standards unmöglich ist?

Welche Vorteile sehen Sie in einer Infrarot-Übertragung im Vergleich zu USB, Bluetooth oder WLAN?

Auf wirkliche Gründe, weshalb ich für die Übertragung meiner Messdaten noch extra zahlen und mit der Kirche ums Kreuz wandern muss, bin ich wirklich gespannt.
Von Messgeräten  anno domini Zweitausendunddreizehn erwarte ich mir je nach Preis und Ausstattung folgende Merkmale:
  • Anschluss und Laden des Geräts am PC/Laptop/Tablet mittels einheitlicher USB-Schnittstelle sowie Lademöglichkeit über USB.
  • Direkte Datenübertragung über Bluetooth-Koppelung und/oder WLAN.
  • Einheitlicher Standard der Handvoll Hersteller zum Übermitteln der Daten und zum Auslesen (z.B. eine XML-Spezifikation) sowie dessen Offenlegung gegenüber den Herstellern von Diabetessoftware gepaart mit Möglichkeiten zur Übernahme des Datenbestandes beim Wechsel des Geräteanbieters.
  • Absprachen zwischen den Herstellern und Smartphone-Produzenten, um Geräte in einer Form anzubieten, die direkt als Adapter angeschlossen werden können. Hier gibt es bereits innovative Firmen. Die alten Platzhirsche könnten sich etwa an iBGStar und anderen ein Beispiel nehmen.
Kommen wir gleich proaktiv und präventiv zu ein paar Argumenten aus der beliebten Reihe "Das geht nicht und das haben wir immer schon so gemacht":

  • Nein, die Patienten und Anwender sind nicht überfordert. Eine immer größer werdende Zahl der Typ-I-Diabetiker und auch der sich immer mehr in einen früheren Beginn verschiebenden Typ-II-Diabetiker sind mit Computern und Handys aufgewachsen und auf Du und Du.
  • Nein, die Absprache zwischen konkurrierenden Unternehmen ist weder zu kompliziert noch unzumutbar. Vor allem, weil ich glaube, dass es hier schon eine gute Zusammenarbeit gibt.
  • Nein, die Kosten dafür sind nicht exorbitant und unternehmensgefährdend. Ich wage mal ganz frech zu behaupten, dass das in den Spannen des Gespanns Messgeräte/Teststreifen locker drinnen ist.
  • Nein, die Software dafür zu schreiben entspricht in der Komplexität nicht einer Reaktorsteuerung. Ich weiß, wovon ich rede, denn seit ebenso rund 30 Jahren programmiere ich jetzt.
  • Und, schlussendlich, nein, auch das Hardwaredesign ist keine unüberwindbare Hürde. Loben Sie einen Design-Preis für technische Universitäten aus und Sie werden sich wundern, was die Studenten und Studentinnen in welcher Zeit auf einem Chip und kleinen Platinen unterbringen
    Ich darf hier den österreichischen Fernsehmoderator Josef Broukal zitieren, dem in einem Club-2 von einem Ministerialbeamten erklärt wurde, dass manche Dinge technisch nicht gingen. Broukal, damals auch bekannter Datenbankprogrammierer, antwortete nur: Geben Sie mir zwei Wochen, und ich programmiere ihnen das.
Die Broukal-Argumentation maße ich mir weder an noch traue ich mir zu, aber trotzdem meine dringende Bitte an Sie:

Machen Sie uns Diabetikern das Leben ein wenig einfacher, holen Sie die Messgeräte in der Funktionalität in die Jetztzeit und machen Sie diese und damit das Diabetesmanagement – ein wenig Marketingsprech muss sein – sexier!

Mit freundlichen Grüßen
Franz Strohmeier

PS: Damit dieser Offene Brief auch wirklich offen ist, erlaube ich mir, ihn in einem Blog (http://jagerhansl.blogspot.com/2013/07/messgeraete.html) zu veröffentlichen.



Dienstag, 2. Juli 2013

UNTERSTÜTZUNGSERKLÄRUNGEN FÜR KLEINPARTEIEN - 9. Juli bis 2. August 2013

Hallo, liebe Familienmitglieder, Freunde und Bekannte,

heute habe ich ein großes Anliegen: Die Unterstützung von Kleinparteien bei der Nationalratswahl. Genauer: Ihnen die Chance zu geben, überhaupt anzutreten.

Ich glaube, nicht nur ich habe mich in den letzten Jahren zum Wutbürger gewandelt, der sich von den traditionellen Parteien und hier insbesondere den Regierungsparteien nix mehr erwartet.

Für alle, die wie ich so hoffe ich trotzdem nicht an FPÖ oder BZÖ anstreifen wollen, gibt es aus meiner Sicht zwei Parteien, die tolle neue Ideen und idealistische engagierte Leute haben und es verdienen, bei der Wahl anzutreten:

Da ist einerseits neos – Das neue Österreich (Homepage: http://www.neos.eu/ , Twitter: @neos_eu, Facebook: NeosDasNeueOesterreich). Meine Meinung zu dieser Partei habe ich ja schon in einem Blog-Beitrag kundgetan (http://jagerhansl.blogspot.com/2013/03/personliche-nachlese-zu-einem-neos.html)

Aber auch die Piraten haben meiner Meinung nach einen Antritt bei der Wahl verdient (Hompage: https://www.piratenpartei.at/, Twitter u.a. @Vilinthril, Facebook: PiratenparteiAT)

Daher meine Bitte: Ansehen und wenn mit den eigenen Werten und Zielen auch nur einigermaßen vereinbar: Unterstützungserklärung ausdrucken, zur Gemeinde gehen, unterschreiben und dann an die auf den jeweiligen Seiten angegebenen Adressen schicken.

WICHTIG: ES KANN NUR EINE UNTERSTÜTZUNGSERKLÄRUNG ABGEGEBEN WERDEN!

Werden mehrere abgegeben, gewinnt die, die zuerst im Innenministerium einlangt.

Detailinfos sowie downloadbare Unterstützungserklärungen bieten die beiden Parteien auf folgenden Seiten an:

Neos: http://www.neos.eu/unterstuetzungserklaerung/

Piraten: https://www.piratenpartei.at/unterstuetzungserklaerung/

Um auch hier mit offenen Karten zu spielen: Meine Unterstützungserklärung bekommen neos.

Es geht im Moment nicht darum, diese Parteien zu wählen – es ist wichtig, sie überhaupt wählbar zu machen.

Wer jetzt den Arsch nicht hochkriegt, darf sich dann auch nicht beschweren, wenn er/sie dann wieder fünf Jahre verarscht wird.

Teilen, weiterverbreiten aber auch Kommentare und Feedback ausdrücklich erwünscht und erbeten!

Alle diejenigen, die diese Bitte von mir auch nochmal per Mail bekommen, bitte ich gleich vorsorglich um Verständnis.

Dienstag, 25. Juni 2013

Memo zu Snowdens Heiligenschein

In einem bemerkenswert blauäugigen bzw. weinpredigenden Kommentar sieht der WDR-Korrespondent Horst Kläuser Ed Snowdens Heiligenschein fleckig werden.

Seine Argumentation stützt sich dabei im Wesentlichen auf zwei Punkte.

Erstens habe Snowden bewusst bei der NSA angeheuert um dann Whistleblowing zu betreiben.

Das soll ihm wirklich zum Vorwurf gemacht werden? Ein amerikanischer Bürger, der das Gefühl hat, da ist etwas massiv im Argen und der dann das betreibt, was Journalisten für sich selbst als Recht zu investigativem Journalismus reklamieren und öfters mit dem Traum an den Pulitzerpreis verknüpfen? Etwas, das gerade ein deutscher Journalist namens Günter Wallraff zur Perfektion gebracht hat, ohne den manche Missstände gar nicht aufgedeckt worden wären? Ok, ich kenne die deutsche Medienlandschaft zu wenig und weiß daher nicht, ob Kläuser et al. einen Vergleich mit Wallraff verkraften oder ihn naserümpfend als rufschädigend interpretieren.

Den zweiten Vorwurf interpretiere ich geradezu als perfid: Snowden ist nach China und Russland geflüchtet statt (so lese ich es jetzt heraus) seine Vorwürfe in den USA zu publizieren und sich dort rechtskonform waterboarden, schlafenziehen und entkleiden zu lassen, irgendwann gefolgt von einem Leben hinter Gittern oder ein Abschiednehmen davon via elektrischem Stuhl, Giftspritze oder ähnliches.

Er! ist! nach! China! und Russland! Na, selbstverständlich verfolgen diese Länder mit seiner Nicht-Auslieferung (Noch-Nichtauslieferung?) ihre eigenen Ziele. So what?

Wo ist die offizielle von EU- oder deutscher oder österreichischer Regierungsspitze vorgetragene Einladung an Snowden, sich als Zeuge einem inzwischen einberufenen Untersuchungsausschuss des nationalen oder EU-Parlaments zur Verfügung zu stellen?

Wo ist die Zusicherung an ihn, ihm in einem EU-Land seiner Wahl bei Stichhaltigkeit seiner Aussagen Asyl zu gewähren?

Wo ist der Diplomatenpass eines europäischen Landes, im Snowden Bewegungsfreiheit zu garantieren?

Ja, warum sitzen nicht ein paar EU-Granden im gleichen Flugzeug, mit dem Snowden nach Europa fliegt (von einer Sondermaschine will ich gar nicht reden), um zu verhindern, dass diese irgendwo von der US-Luftwaffe abgefangen wird?

Und, wenn der Mut schon nicht so weit reicht, wo bleiben Verurteilungen des Abhörens unbescholtener europäischer Bürger seitens offizieller Stellen der EU in einer ähnlichen Schärfe und Sprache, wie die Formulierungen aus Washington? Nichts, nix, niente, nada!

Wenn eine EU-Führung zu rückgratlos oder zu feige ist, um sich hier vor ihre Bürger und denjenigen, der das alles aufzeigt zu stellen, wozu brauchen wir dieses Gebilde dann?

Wir haben hier die Feiglinge auf der einen Seite und leider wieder den hässlichen Amerikaner auf der anderen Seite, was Jens Berger in Jagd auf Edward Snowden – Die Rückkehr des hässlichen Amerikaners hervorragend ausformuliert hat.

Der Verfasser dieser Zeilen verdankt wie Millionen Europäer seine Freiheit auch dem Opfer tausender amerikanischer Familien, deren Söhne, Väter, Brüder, Freunde im 2. Weltkrieg gefallen sind.

Das berechtigt aber die heutige Führung der USA nicht, so mit ihren Freunden umzuspringen. Hier muss man sagen: Stopp - zurück.

Dieses eloquent und wortmächtig zu sagen - das ist die Aufgabe von kritischen Journalisten, noch dazu von solchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Und die sind es auch, die nicht nur Berichte über mangelnde Zivilcourage erstellen sollen, wenn jemand in einer U-Bahn-Station zusammengeschlagen wird und niemand hilft, nein, sie müssen auch ganz laut aufschreien, wenn jemand wie Snowden mit allem, was eine Supermacht aufzubieten hat, live und in HD gejagt wird und niemand hilft.

Dienstag, 18. Juni 2013

Über Menschen, die in Österreich 100% Steuern zahlen


In der Debatte um Verteilungsgerechtigkeit, hohe Steuersätze, wohlerworbene Rechte usw. wissen die wenigstens, dass es in Österreich eine Gruppe von Menschen gibt, die unter bestimmten Umständen 100 % (in Worten: hundert) Steuern für Teile des Einkommens zahlt.

Oder anders gesagt: Es gibt Menchen, die haben einen Grenzsteuersatz von 100 %.
Handelt es sich dabei um Leistungsträger? Definitiv ja. Sind es Millionäre oder Milliardäre? Definitiv nein. Es handelt sich um – Mindestpensionisten. Und das geht so:

Reicht eine erworbene Pension (Alterspension oder in sehr vielen Fällen Witwenpension) nicht aus, um derzeit 837,63 Euro zu erreichen (den sogenannten Ausgleichszulagenrichtsatz), so wird die Differenz als Ausgleichszulage bezahlt, um eben diese Mindestpension zu erreichen. Während aber dank des Wegfalls von Ruhensbestimmungen gut dotierte Pensionisten de facto dazu verdienen können, was sie wollen, ist das bei Ausgleichszulagenbezieherinnen natürlich ganz anders.

Hier kürzt jeder sonstwie verdiente Euro die Ausgleichszulage um genau 1 Euro. Will sich also eine Witwenpensionistin mit sagen wir 600 Euro Witwenpension z.B. als angemeldete Putzfrau etwas dazuverdienen handelt es sich dabei um reine Beschäftigungstherapie, denn die Rechnung schaut in etwa so aus:

Witwenpension 600,--. Arbeitseinkommen 0,--. Gesamteinkommen 837,63
Witwenpension 600,-- Arbeitseinkommen 100. Gesamteinkommen 837,63. Grenzsteuersatz 100 %.
Witwenpension 600,-- Arbeitseinkommen 267,63. Gesamteinkommen 837,63. Grenzsteuersatz 100 %.
Witwenpension 600,-- Arbeitseinkommen 268,63. Gesamteinkommen 838,63 (Wow!) Grenzsteuersatz 99,63 % (wird ja langsam besser!).
Ministerwitwenpension: 5000,--. Kürzung: 0,00 EUR.

Es geht aber noch besser:

Nehmen wir an, die genannte Witwe war die Ehefrau eines braven Arbeiters und Nebenerwerbslandwirts. Sie selbst hat als Kind die Kriegsjahre und Nachkriegsjahre mit Müh- und Not überlebt, nie die Chance auf eine tolle Ausbildung und einen tollen Beruf, aber ihr Leben lang bis zum Umfallen gearbeitet, um später zwei Kinder großzuziehen und mit dem Mann gemeinsam über die Landwirtschaft etwas Butter auf das Brot zu verdienen.

Das geplante Nachholen der nie stattgefundenen Hochzeitsreise im Alter fällt dann leider flach, weil der Gatte mit 48 Jahren an Krebs stirbt.

Mit den Kindern gemeinsam betreibt sie dann die Landwirtschaft weiter, um einigermaßen an die Mindestpension ranzukommen, denn wegen der Landwirtschaft wird ihr ja ein bestimmter Prozentsatz vom Einheitswert von der Ausgleichszulage abgezwackt.

Später sind die Kinder aus dem Haus und sie übergibt die Landwirtschaft an den Sohn. Die wirft zwar nichts mehr ab, eigentlich sogar im Gegenteil und Gott sei Dank mäht ein Bauer gratis die Fläche, auf der mal 300 Obstbäume standen und die jetzt Wiese ist.

Wird es jetzt was aus der Mindestpension? Mitnichten! Denn bis zum Lebensende der alten Dame wird ihr ein bestimmter Prozentsatz des Einheitswerts der Landwirtschaft zum Übergabezeitpunkt (!) als Einkommen angerechnet, da nennt sich "fiktives Ausgedinge" und macht einen knappen Hunderter im Monat weniger.

Und würde sich der Sohn nicht im Steuerrecht auskennen bzw. hätte Sie vor der Übergabe die letzten 20 Bäume nicht roden lassen und einen Fortschreibungsbescheid erstellen lassen, hätte es bei der Übergabe noch immer den Obstbauzuschlag für die gesamte ursprüngliche Fläche (unabhängig von der Zahl der Bäume) gegeben und somit bis zum Rest ihrer Tage, auch wenn alle Bäume schon verheizt wären einen weiteren Hunderter weniger bei der Pension.

Keine Sorge, die Dame um die es geht kommt Dank Wohnbeihilfe mit ihrer Pension aus und freut sich jetzt, in einer kleinen Wohnung in der Stadt zu leben, von wo aus sie noch alles zu Fuß erledigen kann und im Winter nicht mehr Holz zum Heizen schleppen muss. Und sie hat ja Gott sei Dank auch noch Kinder, die sie unterstützen.

Aber über sie redet komischerweise nie jemand, wenn es darum geht, dass die Leistungsträger in diesem Land zu sehr belastet sind.

Montag, 17. Juni 2013

Ein paar Fragmente zur Vermögenssteuer oder: Mitzis Nightmare

Maria Fekter reitet wieder. Bei der Suche nach der unintelligentes Beschäftigungsmöglichkeit im ganzen Universum wurde sie fündig: Es handelt sich um die Einführung einer Vermögenssteuer (siehe folgenden Artikel im Standard ).  
Nachdem meine Bewunderung dafür, soviel Dummheit in einen Vortrag zu packen, abgeklungen ist und damit mein weiterer produktiver Tagesverlauf nicht durch das Ärgern darüber zu negativ beeinträchtigt ist, habe ich mich entschlossen, eine Stunde zu opfern, und mal zwanglos ein paar Argumente gegen die Vermögenssteuer anzusehen.

Die Neiddebatte

Natürlich sind die Befürworter eine Vermögenssteuer lauter sozialschmarotzende Habenichtse, die den "Was war mei' Leistung-strägern" alles neiden, sie am liebsten in Sack und Asche sehen würden und sowieso.
Der Verfasser dieser Zeilen ist nicht vermögend, d'accord. Aber er zahlt schon brav einen 50%igen-Grenzsteuersatz und erfrecht sich daher sehr wohl, über den Begriff "Leistung" nachzudenken. Im Rahmen dieser philosophischen Überlegungen ist er zumindest schon zu ein paar Negativabgrenzungen gekommen:
Für mich fällt darunter definitiv nicht das Entschlüpfen aus der richtigen Gebärmutter, das Sammeln von möglichst vielen Konten in Steueroasen, die mit den Ersparnissen aus einem Ministergehalt dotiert sind, das Abcashen für hingerotzte Windows-Testseitenausdrucke (vulgo Vorkonzepte) etc. pp.
 Jedem/Jeder, der sein/ihr Vermögen mit ehrlicher Arbeit (auch anderer, wenn er die ordentlich bezahlt), innerhalb gewisser moralischer Grenzen erworben hat und dem Staat gibt, was des Staates ist, dem seien Millionen, Zig-Millionen und Milliarden und die daraus resultierenden Annehmlichkeiten sowie ein langes Leben herzlichst gegönnt.

Die Schon-aber-zuerst-dies-und-das-Debatte 

Viele weisen zu Recht auf Verschwendung in administrativen Bereich, auf ausgenützte Lücken im Sozialsystem usw. hin und verlangen, das zuerst hier Maßnahmen ergriffen werden müssen, dann könne man ja über dies und das langsam zu reden beginnen.
Hier gefällt mir die proaktive Herangehensweise besser. Eben zuerst in Vorleistung zu treten und dann mit Fug und Recht zu sagen: Jetzt seid aber ihr dran.
Ganz abgesehen davon vergessen viele Verfechter dieser Argumentation einen der wichtigsten Grundsätze der Betriebswirtschaftslehre: Dem Vorrang der Liquidität vor der Rentabilität. Beamtenabbau, Verwaltungsreform usw. haben eine längere Vorlaufzeit und bringen nicht sofort Geld in die Kassa oder behalten es dort. Sonst geht es einen wie Baron Rothschild (wenn nicht wahr, dann zumindest gut erfunden), der sich mal von seinem Chauffeur ein paar Münzen für eine Zeitung ausleihen musste, weil er nicht liquide war.
Ganz abgesehen davon, wenn wir uns darauf einigen, dass der Staat für seine Aufgaben (mehr) Geld braucht (spätestens dann, wenn vielfältige Garantien fällig werden – und sie werden fällig werden):
Woher soll es kommen? Vom Mittelstand über Einkommensbesteuerung? Von den unteren 20 % der Bevölkerung (einkommensmäßig gesehen), in dem man dafür sorgt, dass manche davon nicht erst ab dem 25. sondern schon ab dem 20. von Milch und Brot leben und sich zwischen Frieren und Hungern entscheiden müssen? Ja, liebe Landsleute, das gibt es bei uns. Schon mal gesehen, wie Leute Holzsteigen im Supermarkt einsammeln, weil sie die im Winter verheizen? Schon mal mit einer Supermarktkassiererin gesprochen, warum gegen Monatsende der Verkauf von Hunde- und Katzenfutter an Menschen, die gar kein Haustier haben, zunimmt?

Die Arbeitsplatz und Betriebsvermögensdebatte

Wer wird von den Gegner von Vermögenssteuern als in den Ruin getriebenes Opfer vorgeschickt: Richtig, die Kleinunternehmerin, die eine Vermögensteuer in den Ruin treiben würde.
An dem Argument ist aus meiner Sicht etwas dran. Es kann nicht sein, dass bei gesunkenen Renditen das Realvermögen aus dem produktiven Sektor  (man könnte auch sagen: die Hobelbank eines Tischlers oder ähnliche Vermögensbestandteile)  besteuert wird. 
Aber hey, liebe Regierung (genauer: liebe Legislative). Das kann man durch entsprechende Gesetze steuern. Bedenkt bitte, dass die Situation auch technisch eine andere ist als  vor 30 Jahren. Jeder Schüler hat heute in seinem Smartphone in etwa die Rechenpower, die der Finanzverwaltung vor dreißig Jahren zur Verfügung stand (ok, ist jetzt ein kleines Wenig übertrieben).
Wenn eure Legistiker das nicht schaffen, gebt das einfach ein paar Betriebswirten mit Wahlfach Finanzrecht im zweiten Studienabschnitt als Übungsaufgabe: Die freuen sich über einen Schein und ihr habt einen Gesetzestext.
Und wenn wirklich alle Stricke reißen und gar nichts mehr sonst geht, darf ich ganz leise das Wort "Verfassungsbestimmung" flüstern – falls man verlernt hat, wie das geht: Hier findet sich ein bekanntes Beispiel einer aus Gründen des Staatsinteresses und der nationalen Sicherheit knirschenden Zahnes in die Verfassung übernommenen Bestimmung (2. Seite, rechte Spalte, Punkt 9.)  aus dem Gelegenheitsbeförderungs-Gesetz 

 

Die Rehdebatte Teil 1

Natürlich zahlt niemand mit Begeisterung Steuern. Und bei wirklich Vermögenden zahlt es sich aus, Spezialisten zu beschäftigen und Gegenstrategien zu entwickeln.  
Deshalb teile ich hier die Sorge der Vermögensteuergegner durchaus:
Ich sehe schon den Pensionisten W. vor dem Abflugschalter Unmut auslösen, weil er die letzten Euro zusammenkratzt, um das Übergepäck für die zwei Dutzend Wiener Palais zu bezahlen, die er nach Singapur übersiedeln will. Seine eigene Villa passt ja Gott sei Dank noch ins Handgepäck.
 Ebenso ist die arme Witwe E. zu bedauern, die im Stau vor der österreichisch-schweizerischen Grenze keinen Schritt vor oder zurück kann, weil tausende Leidensgenossinnen ebenso wie sie versuchen, noch rechtzeitig ein paar tausend Hektar Wald auf dem Dachträger in die Schweiz zu bringen. Dabei muss sich die Frau auch noch von am Rad vorbeistrampelnden Attac-Jüngern verhöhnen lassen, die demonstrativ vor ihrem Autofenster aus Mineralwasserglasflaschen trinken. Und das alles, während Schüler in österreichischen Schulen fröhlich mitgebrachte Garderobehaken montieren, weil der Verwaltung das Geld fehlt. 

Die Rehdebatte Teil 2

Aber Reh ist natürlich nicht Reh, heutzutage ist es möglich, auf Knopfdruck innerhalb weniger Sekunden Millionen von einem Bankkonto auf das andere zu transferieren. 
Gekauft. Und hier wird ganz perfide mit dem Unwissen weiter Bevölkerungskreise gearbeitet. Schon mal von Planquadraten gehört? Es reichen wenige strategisch gut aufgestellte Polizeistreifen, um den gesamten Straßenverkehr in und aus einer Stadt zu kontrollieren. 
Solche strategischen Punkte gibt es auch im internationalen Zahlungsverkehr. Sie lassen sich sehr genau lokalisieren und hören auf den Namen SWIFT. Nie gehört? Doch. Denken Sie mal an die IBAN und die BIC auf einem Zahlschein. SWIFT ist eine internationale Genossenschaft der Geldinstitute zum Betrieb eines Telekommunikationsnetzes zwischen den Mitgliedern.
Details dazu sehr gut beschrieben auf Wikipädia: SWIFT Eine wichtige Erkenntnis ist: der gesamte internationale Zahlungsverkehr (ok, fast der gesamte) läuft über ein paar einzelne Server.
Wenn es also wirklich darum geht, Steueroasen trocken zu legen, so schafft das ein durchschnittlich begabter Systemadministrator in ein paar Minuten, auch wenn er sich dafür vorher noch den Bart aus dem Gesicht wischen, die Pizzaschachteln zur Seite schieben und die letzten Reste des verschütteten Colas aus der Tastatur tunken muss. Nur mit einem kleinen Programm, und das geht so:

Nimm die BIC der Überweisung
Schau in der Tabelle mit der schwarzen Liste nach, ob die BIC dort vorkommt.

Wenn nein: mach normal weiter
Wenn ja:
Überweisung ablehnen
Nachricht an den Überweiser (die steht dann am Kontoauszug): "Du nix überweisen Geld auf Konto in Schwarzgeldoase! Ich dich rollbackworken!"
Ist der Fies-Modus aktiv
Wenn ja: Kleines Mail an die Behörde des Absenderlandes absetzen: "Liebe Mitzi! Der kleine Stinker <VORNAME> <NACHNAME> wollte Geld in eine Steueroase überweisen!"


An ein paar Schrauben muss man natürlich noch zusätzlich drehen aber lassen Sie mich die Gesamtthematik so beschreiben: 
Würden Sie einem Tischler einen Tisch abkaufen, der behauptet, es sei unmöglich solche mit vier Beinen zu bauen? 
Würden Sie brav in der Autowerkstatt den Tausch des Motors zahlen, wenn der Mechaniker sagt, die Kerzen seien verschmutzt und das ginge leider nicht anders?
Eben.

Die Quadrillionen-Beamten-Debatte

Wenn man der p.t. Verwalterin unserer Kiesel glaubt, so bedürfe es Unmengen von Beamten, um die Datenflut zu beherrschen und die Inhalte der Datenfriedhöfe zu exhumieren. Mein sechsjähriger Sohn verwendet für "viel" immer den Begriff Quadrillionen.
Brauchen wir wirklich so viel Personal? Ja, wenn wir uns die Daten per Diskette (sic!) und Brieftauben schicken lassen, deren Inhalte dann von Sekretärinnen ausgedruckt, in Word abgetippt, gedruckt, eingescannt etc. pp. werden. 
Daher, liebe Frau BMF sprechen Sie mir bitte zwei ganz schwierige Abkürzungen nach: E-D-I (englisch, daher Ihhhh-Dieeee-Ei) und X-M-L (zwar auch englisch, aber trotzdem meist Ix-Em-Elllll). 
Das sind genormte Datenformate. Da weiß dann der Computer z.B. dass von Stelle 25 – 40 eine Steuernummer steht, von Stelle 50 - 70 ein Betrag, bei dem die letzten beiden Stellen die Nachkommastellen sind usw. usf. Und das sauschnell!
Das haben Sie sogar im Haus. Jeder kann auf www.bmf.gv.at dort z.B. die XML-Spezifikation für die elektronische Steuererklärung runterladen. Ich weiß das, weil ich selbst mal für einen Kunden ein Programm geschrieben habe, das seine Steuererklärungen bei Ihnen abholt, in die einzelen Informationsbrocken zerlegt und verbucht.
Und EDI ist sowieso der Mörderhammer. Ich betreue Kunden, die schicken pro Tag ein paar Hunderttausend Rechnungen, Lieferscheine, Bedarfsanforderungen an ihre Geschäftspartner und dort ist das schwupp-di-wupp verarbeitet.
Also bitte nochmal nachfragen, bevor sie solche Argumente bringen.

Die Substanzsteuer-Diskussion

Dass in Zeiten von Negativzinsen jede noch so minmale Steuer durchaus auf die Substanz gehen kann, ist eine Binsenweisheit und auch hier wären legistische Vorkehrungen zu treffen. Machen wir aber mal eine einfache Rechnung auf, um die Bedrohung durch eine Vermögenssteuer zu skizzieren.
In einer steuerlosen Zeit macht jemand mit einem Vermögen von 1000 EUR und fünf Prozent Rendite 50 Euro pro Jahr. Davon schnappt sich der böse Staat 50 %, bleiben also 25 Euro oder 2,5 % Nettorendite über.
Jetzt kommen diese Linkslinken und wollen 0,5% Vermögenssteuer. An der Ertragssituation ändert sich nichts. Bleiben also 25 Euro netto übrig. Jetzt kommen aber noch 5 Euro Vermögensteuer hinzu. Die wird der "Reiche" natürlich nicht zahlen, indem er ein paar Ziegel aus einem Haus bricht, sondern von den 25 netto cash. Bleiben jetzt aber nur mehr 20 Euro. Die gesamte Nettorendite sinkt also auf 2,0 % (Geld hat kein Mascherl).

Reichen-Epilog

Ich bin jetzt mal so mutig und traue mich zu behaupten, dass es genug Reiche gibt, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind, und gerne ein wenig mehr an Steuern zahlen, damit es allen in diesem Land gut oder vielleicht sogar etwas besser geht.
Früher haben diese Menschen Schulen, Wohnhäuser und Spitäler gebaut. Heute stehen sie zu Ihrem Reichtum aber auch zu ihren Aufgaben und zu ihren Leuten.
Mein Paradeunternehmer in diesem Sinne, Wolfgang Grupp, kommt zwar aus Deutschland, ich möchte Ihnen eine Diskussion mit ihm als Teilnehmer aber nicht vorenthalten: http://www.spiegelfechter.com/wordpress/2057/der-anachronist-und-die-talkshow
Wem das Wohl der Gesellschaft wurscht ist und wer die Neureichen und Abzocker schützen will, der soll einfach zu seiner Zielgruppe stehen. Das ist ein legitimes politisches Interesse, nur dann sollte man für dieses wenigsten mit offenem Visier kämpfen.

Freitag, 14. Juni 2013

Beweissicherung á la USA...

Ein entfernter Bekannter von mir kennt jemand, von dem er gehört hat, dass derjenige jemanden kennen soll, der mit der Freundin eines Taxifahrers in die Schule gegangen ist, die wiederum,...

Egal, um es abzukürzen: Er hat mir folgendes durch einen zufälligen Ohrenzeugen angefertigtes Gesprächsprotokoll zukommen lassen:

Lucy: Department of Defense, Helpdesk, mein Name ist Lucy. Es ist mir eine Freude, für Sie tätig sein zu können. Danke, dass Sie den Helpdesk angerufen haben. Wir sind gerne für Sie da. Womit kann ich Ihnen helfen?

John: Ja, hallo? Hier ist John. Ich hab eine Problem. Ich bin Ferialpraktikant im DoS.

Lucy: Das ist ja nichts Schlimmes, so hat fast jeder mal angefangen.

John: Nicht das ist das Problem, sondern eine Aufgabe, für die ich jetzt eine Stunde Zeit habe.

Lucy: Ach so. Was ist so schlimm daran?

John: Ich muss innerhalb einer Stunde Beweise für einen Giftgaseinsatz der syrischen Regierung gegen die Rebellen finden und öffentlichkeitswirksam aufbereiten. Aber ich arbeite erst seit zwei Tagen da und hab noch keinen User für den Spionagesatelliten, die Analysen der Spezialeinheiten usw.

Lucy: Geh', das brauchst ja alles nicht.

John: Wie bitte?

Lucy: Hast schon einen Laptop?

John: Ja

Lucy: Kennst du dich in Powerpoint aus?

John: Ein wenig. Hab mal für den IWF gejobbt und ein Konzept für einen Flecken Erde mit komischer Schrift da irgendwo unten, wie heißt das schnell, Ganymed, nein, Moment, Pollux, nein, jetzt hab ich es: Europa..

Lucy: Willst mir deine Lebensgeschichte erzählen oder unserem POTUS helfen? Also. Mach mal Powerpoint auf.

John: Erledigt.

Lucy: Mach mir einfach alles nach. Wenn es zu schnell geht, schreist einfach, ok?

John: Ok!

Lucy: Datei -> Öffnen. Dann müsst es da ein Netzlaufwerk PRISM (P:) geben!

John: Hab ich!

Lucy: Gut, weiter: pisstake\world\un\archive

John: Moment, nicht so schnell. Ja, hab ich!

Lucy: CollinPowell\Irak\Plenum 2003-02-06 Final 9.5.pptx

John: Da steht "Datei sollte nur schreibgeschützt.."

Lucy: Klick einfach auf "Ja".

John: Ok.

Lucy: "Ja!".

John. Sag ich ja, ok, ja!

Lucy: [Kaum hörbar, offenbar zur Seite gedreht] Diese Newbies!

Lucy: Wow, schaut das imponierend aus!

Lucy: Gell, ja. Bin stolz auf meine Tochter, die hatte da eine Hausübung am College. Aber zurück zu uns. Wir arbeiten sicherheitshalber mit einer Kopie: Datei -> Speichern unter. Leg's einfach am Deskotp ab. Ich mach dir dann für die Endversion ein passendes Verzeichnis, werd es AxisOfEvil nennen oder vielleicht OurSonOfABitch.

John: Hab den Namen Proof-Poison-Gas-Syria Draft 1.0.pptx genommen.

Lucy: Toll, wirst es noch weit bringen. Aber uns läuft die Zeit davon, also los:

John: Ok, äh, Ja.

Lucy: Karteireiter Start, dann ganz rechts außen am Ribbon: Ersetzen.

John;: Ok.

Lucy: Suchen nach: Irak. Ersetzen durch: Syria, Alle ersetzen.

John: "Powerpoint hat die Suche in der Präsentation beendet. 15 Begriffe wurden ersetzt."

Lucy. Funzt ja. Jetzt nochmal mit weapons of mass destruction.

John: Aber das ist ja Giftgas auch.

Lucy: Stimmt. Können wir uns sparen. Aber sicherheitshalber, falls wer genauer liest: "nuclear weapons" ersetzen durch "toxic gas".

John: 18 Treffer. Jetzt noch den Typen da, wie heißt der Boss von denen?

Lucy: Merkel?

John: Nein, das ist ja eine Frau. Moment, hab's gleich. Sarkozy. Nein. Gorbatschow. Auch net. Was kürzeres.

Lucy: Karsei?

John: Nein, jetzt hab ich es: Assad. Jetzt kann ich es schon selbst. Suchen nach: Saddam. Ersetzen durch: Assad. Alle ersetzen. Wow: 278 Ersetzungen.

Lucy: Gut, dann hätten wir es ja.

John: Aber die Landkarte auf Slide 5, die zeigt doch den Irak!

Lucy: Willst jetzt Waffenlieferungen und einen Militäreinsatz rechtfertigen oder eine Doktorarbeit schreiben?

John: Bin ich der Gutenberg?

Lucy: Eben, also..

John: Moment, aber das Foto da in der Fußnote, das ist doch der Saddam!

Lucy: Na und? Schaut dieser Assad aus wie ein Moslem?

John: Keine Ahnung, den hab ich weder als Freund bei Facebook noch als Follower bei Twitter. Aber ich glaub schon.

Lucy: Na eben, dann passt es ja. Wichtig: Das File muss irgendwie toll benannt werden, mach aus Draft 1.0 lieber Final Version 24.8 Revision 98

John: Wow, Super. Du, ich dank Dir 1000mal! Like! +1! Darf ich dich mal zum Kaffee einladen?

Lucy: Wie war das jetzt? Soll ich Dich wegen Belästigung melden?

John: Entschuldige, war nicht so gemeint. Dann wär ich fertig. Echt super, du!

Lucy. Gern. Baba. Mission accomplished!

Donnerstag, 13. Juni 2013

Von Obstbauern und Obstbäumchen, Fussballtrainern und Talenten und Volksschullehrern und Kindern

Nur der wird langfristig Erfolg haben, der bereit ist, seinen Bäumchen jeden Tag 'Grüß Gott' zu sagen.
(Friedrich König: Obstbau heute).

In der an die Unendlichkeiten des Weltalls erinnernden Geschichte der Idiotien des österreichischen parteipolitikverseuchten Bildungswesens ist es nicht einfach, noch eines drauf zu legen. Aber der ÖVP ist dieses Kunststück kürzlich gelungen.

Gefordert wurde nichts anderes als die unterschiedliche Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern – und zwar nicht in Abhängigkeit von Ausbildung, Leistung oder besonderem Engagement; nein, der Schultyp soll die determinierende Komponente sein.

Die Leidtragenden wären die Pädagoginnen und Pädagogen der Elementarschulen. Die sollen nämlich weniger verdienen, weil offenbar haben die eh nur mit den kleinen Gschrappen zu tun, und das Bisschen Lesen-und-Schreiben-Beibringen ist nun mal kaum der Rede oder gar eine tolle Bezahlung wert.

Würde ein verantwortungsvoller Obstbauer das Pflanzen und die Baumpflege sowie den Baumschnitt der ersten Jahre vernachlässigen und durch niedrige Bezahlung seiner Mitarbeiter gering schätzen?

Nein, würde er nicht. Denn er weiß, wie wichtig diese ersten Phasen sind und das alles, was nachher kommt, nur darauf aufbaut und auch beste Pflege und Korrekturschnitte im weiteren Lebenslauf des Baumes nie mehr aufholen können, was am Anfang versäumt wurde. Ganz im Gegenteil: Er würde die besten Leute einsetzen und sie fürstlich honorieren (finanziell und ideell).

Würde ein verantwortungsvoller Fußballmanager das Training der Talente in den ersten Jahren vernachlässigen und durch niedrige Bezahlung seiner Trainer gering schätzen?

Nein, würde er nicht. Denn er weiß, wie wichtig die ersten Phasen sind und das alles, was die späteren Trainer machen, nie mehr aufholen kann, was am Anfang versäumt wurde. Ganz im Gegenteil: Er würde die besten Trainer einsetzen und sie fürstlich honorieren (finanziell und ideell).

Würde ein verantwortungsvoller Polier das Errichten des Fundaments eines Wolkenkratzers vernachlässigen und durch niedrige Bezahlung der Bauarbeiter gering schätzen?

Nein, würde er nicht. Denn er weiß, dass man kein Monument aus Ziegeln, Holz, Stahl und Glas auf einem schlechten Fundament bauen kann. Ganz im Gegenteil: Er würde die Errichter des Fundaments toll bezahlen und voll Hochachtung über sie sprechen.

Und wir, bei unseren Kindern? Wir dürfen nicht zulassen, dass diejenigen, die deren Fundament für die Zukunft legen, schlecht bezahlt und auseinanderdividiert, von der Politik im Stich gelassen und sogar innerhalb der eigenen Berufsgruppe von den Vertretern als Schmuddelkinder gesehen werden. All die Lehrer und Professoren in den AHS, BHS, Fachhochschulen und Universitäten sind auf das angewiesen, was die Elementarschulen säen.

Man kann an Lehrerinnen und Lehrern viel kritisieren – und der Verfasser dieser Zeilen nimmt sich da kein Blatt vor den Mund.

Aber gute Lehrerinnen und Lehrer und auch schon vorher Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen müssen wie Stars behandelt werden, sie sind ordentlich zu bezahlen und verdienen etwas ganz seltsam Klingendes: Respekt.

Auf dass sich dann noch viele Ihrer Schützling nach Jahrzehnten an die Namen erinnern.

Danke an Fr. Pichler, Fr. Wechtitsch, Fr. Ruhri, Hr. Weisi, Fr. Pinter, Fr. Pauritsch, Fr. Wetz und ganz besonders Christian J. Bernhard (+).

Dienstag, 26. März 2013

Internet-Nostalgie: Wie war das damals, im 1997er-Jahr?

Bei einem Kaffeeplausch (pardon, natürlich einer Fachsimpelei) mit einem Arbeitskollegen wurde ich von meiner Vergangenheit eingeholt:

Der Kollege hat nämlich im Jahre Schnee eine Universitätslehrveranstaltung bei einem damals noch nicht so grauhaarigen Assistenten besucht.

Die elektronische Version meiner Skripten habe ich zwar nicht mehr (wäre interessant zu sehen, was Word 2010 aus einem WinWord 1.1-Dokument macht), aber für das Stöbern meiner Enkel und Urenkel in alten Sachen gibt es noch ein Papierexemplar, das den Weg in den Scanner finden konnte.

Falls der geneigte Leser/die geneigte Leserin also die folgende Fakten bzw. die Antworten auf folgende Fragen nicht (mehr) kennt - das war vor rund 16 Jahren mal aktuell:

Nutzung von Informationssystemen - Internet (1997SS).pdf
  • Wieviele Rechner mit Internet-Anschluss gab es im April 1996 in Österreich?
  • Warum Internet-Nutzer in Österreich Namen wie Rastl und Kunft kennen und schätzen sollten.
  • Wie stark waren die Leitungen, mit denen Europa 1995 an die USA angebunden war?
  • Wie hat man damals Dateien verbreitet, ja sogar Bilder?
  • Keine Panik! Nur 38 % der Klasse-A und 43 % der Klasse-B-Netze sind bereits vergeben!
  • Wer kann noch mit UUENCODE und UUDECODE umgehen?
  • Wer braucht ein Mailprogramm, um Mails zu verschicken! TELNET reicht!
  • Ja, es gab noch kein Google, wohl aber ARCHIE-Server.
  • Wer hat noch mit Netscape gearbeitet?
  • Wer waren die kleinen Helferlein GOPHER und VERONICA?

Mittwoch, 20. März 2013

History: Brief an Frau BM Dr. Maria Fekter

Aus der Serie: Löken wider den Stachel

Folge 1: Brief an Frau Finanzministerin Dr. Maria Fekter anläßlich des Steuerabkommens mit der Schweiz.

(Der Brief wurde übrigens von einem Mitarbeiter ihres Kabinetts sehr freundlich und ausführlich beantwortet).

(Historie: Blogeintrag erstellt am 20.03.2013, geändert am 23.11.2013: Link zum PDF durch Grafik ersetzt/fst)

History: Leserbrief im Kurier

Aus der Reihe Selbstzitate:

Folge 2: Leserbrief im Kurier (Druckversion):

(Originalpost: 20.03.2013/Korrektur Entfernung Dead Link zum Original-Scan 05.01.2021/fst)

 



History: Leserkommentar ORF: Faire Arbeitsbedingungen (standard.at)

Aus der Reihe Selbstzitate:

Folge 1: Leserkommentar auf derstandard.at:

Über die Gemeinsamkeiten von Diskont-T-Shirts und Ö1-"Radiokolleg"

Persönliche Nachlese zu einem Neos-Informationsabend

Die NEOS luden zu einem Informationsabend ins Café Preinsack nach Deutschlandsberg. Das führte nicht nur zu einer für mich sehr interessanten zweistündigen Diskussion, sondern ob des einzugestehenden Fehlversuchs meinerseits, mein Resümee in 140-Twitter-Zeichen zu packen, auch zum ersten Blog in meiner Biographie.

Obgleich immer sehr diskussionsfreudig, war das für mich erst die zweite Teilnahme an einer Parteiveranstaltung. Die erste liegt viele Jahre zurück in meiner Studentenzeit. Damals hat eine gewisse Heide Schmidt, FPÖ,  in einem Gasthof meiner Heimatgemeinde verhindert, dass zwei rotzfreche mit bösen Fragen das Idyll störende Studenten von den (n-2) anwesenden Parteigängern zu sehr verbal geohrfeigt wurden.

Das bedeutet insoferne einen roten Faden, als neben der Hauptgastgeberin und Referentin Daniela Schwarz auch der regionale Vertreter der JuLis, Herr Jöbstl, als Mit-Gastgeber und zwei weitere bei den Jungen Liberalen tätige Studenten anwesend waren und in weiterer Folge auch intensiv mitdiskutierten.

Leider war der Besucher- und Besucherinnenstrom enden wollend. Neben mir waren noch ein Lehrer, zwei Frauen, die ich ebenfalls dem Bildungsbereich zuordnen würde, zwei Schüler/Studenten und ein Gemeinderat einer anderen politischen Partei, dem ich hier durch Namensnennung nicht schaden möchte und der offen seine Funktion und Partei "geoutet" hat, anwesend.

Das verliebte junge Pärchen vom Nebentisch, das von der Politisiererei zwangsbeschallt wurde, zähle ich wegen vermuteter anders gerichteter Aufmerksamkeit nicht zu den Diskutanten.

Mir ist klar, dass eine Partei wie die NEOS solche Veranstaltungen nicht kostenintensiv mit Plakaten usw. ankündigen und bewerben kann (ich selbst habe durch Zufall durch das Browsen auf der NEOS-Homepage davon erfahren), allerdings gibt es gerade für die Weststeiermark eine seit Jahrzehnten stark verankerte und quer durch die Bevölkerungsschichten und Altersgruppen gelesene Regionalzeitung: Die Weststeirische Rundschau berichtet meines Wissens gratis in der Rubrik "Hier sprechen die Parteien" über politische Themen.

Wenigstens konnten die Anwesenden Frau Schwarz insoferne verblüffen, als die Einstiegsfrage, wer schon etwas von NEOS gehört habe, zu 100% bejaht wurde.

Frau Schwarz, einer dynamischen und ganz sicher nicht introvertierten Einzelunternehmerin, die laut Eigendefinition ob der Größe ihres Unternehmens wichtige Fragen "mit mir selbst am Küchentisch" bespricht, ist unüberseh- und unüberhörbar von dem Projekt NEOS, für das sie sich engagiert, zutiefst überzeugt und bringt diese Begeisterung überzeugend rüber, ohne dabei in missionarische oder zwangsbekehrende Attitüden zu verfallen.

Politisch sozialisiert wurde Frau Schwarz in der ÖVP als hohe Mitarbeiterin im Büro des ehemaligen Wiener Vizebürgermeisters, Vizekanzlers, ÖVP-Obmanns und Wissenschaftsministers Erhard Busek. Aus ihrer Entfremdung von der ÖVP und teilweise offenbar auch Resignation von Busek mit seiner Partei machte sie in weiterer Folge kein Hehl.

Nach einer kurzen Vorstellung des rund ein Jahr dauernden status nascendi der NEOS gab es ein paar Sätze zu den Gründern Strolz und Dengler. Da die Details auf der Homepage nachgelesen werden können, möchte ich sie hier nicht wiederholen. Interessant ist, dass dieses "politische Startup" offenbar sozusagen eine Garagengründung ist, die primär auf der intensiven Arbeit von zwei alten Studienfreunden fußt, die irgendwann von Wutbürgern zu Tun-Bürgern wurden.

Gleich anschließend wurde von Frau Schwarz das Wahlbündnis NEOS - LIF angesprochen. Aus den Aussagen würde ich das als Vernunftehe mit hoher gegenseitiger Hochachtung und genug gegenseitiger Sympathie bezeichnen.

Frau Schwarz sah hier die NEOS selbstbewusst (das Wahlbündnis wird unter dem Dach NEOS antreten) als treibende und führende Kraft und nannte die gemeinsamen Werte und Ziele, das leichtere Überspringen der Vier-Prozent-Hürde und das do-ut-des von Bekanntheit des LIF einerseits und Neuigkeit und Dynamik der NEOS andererseits als Grund für das Zusammengehen. Ganz abgesehen davon, dass über dieses Bündnis auch die Medien nicht (mehr) hinweggehen konnten.

Ganz wichtig war es Frau Schwarz offenbar rüberzubringen, dass NEOS (teilweise auch zu programmatischen Inhalten) noch massiv "work in progress" ist und vom Engagement vieler Bürger mit unterschiedlichem (politischem) Background lebt. Nicht zuletzt auf eine Frage meinerseits, mich doch eher als Links zu erkennen gebend, brachte sie das Beispiel eines ÖBB-Pensionisten, der offenbar mit besonderem Elan für NEOS aktiv ist.

Um die Menschen zu erreichen, veranstalten NEOS auch (laut Eigendefinition) "politische Tupper-Parties". Darunter ist zu verstehen, dass Mitglieder der NEOS zu von Interessierten veranstalteten Treffen im privaten Rahmen kommen, um die Partei und ihr Programm vorzustellen.

Eine klare Abgrenzung erfolgte auch zum Team Stronach, das (neben zahlreichen anderen Unterschieden) noch nicht einmal einen wirklichen Ansatz eines Parteiprogramms vorlegen könne und dieses irgendwann aus Kanada geschickt bekomme.

Hier herrscht offenbar, besonders bei den JuLis-Vertretern, großes Unverständnis (ich bin fast verleitet, Entsetzen zu schreiben) darüber, wie man ob fehlender klarer Inhalte und wohl auch des Auftreten des großen Vorsitzenden (das ist jetzt nur meine Formulierung) diese Partei wählen könne.

In diesem Zusammenhang gab es auch eine kleine Medienschelte wegen des Herbeischreibens eines Milliardär-Duells (Stichwort Haselsteiner). Die NEOS-Vertreter legten großen Wert darauf, dass es keine Spende von bzw. Zusammenarbeit mit Haselsteiner gebe, man würde natürlich eine Spende von jemandem wie Haselsteiner nicht ablehnen, diese würde aber im Sinne der gelebten Transparenz nach den gleichen Regeln auf der Homepage veröffentlicht wie alle anderen.

Was die Finanzen betrifft, so wurde ein Betrag von € 200.000,-- genannt, was die Gesamtsumme der bisherigen Einnahmen angeht. Diese sind, wie jede einzelne Ausgabe auch, unter http://neos.eu/transparenz öffentlich abrufbar. Auf die diesbezügliche Vorreiterrolle in Österreich sind die NEOS offenbar - und meiner Meinung nach zu Recht - besonders stolz. Meinem Wissens nach sind auch die Piraten im Begriff, etwa Ähnliches aufzubauen, von den derzeit im Parlament vertretenen Parteien ist mir nichts in dieser feinen Granularität bekannt.

Auch die Piraten wurden als Mitbewerber nach entsprechenden Fragen aus dem Publikum angesprochen. Ich habe die diesbezügliche Position so verstanden, als dass das Engagement und der frische Wind, den die Piraten auf die politische Bühne gebracht haben, anerkannt werden, jedoch massive Zweifel ob der Nachhaltigkeit dieser Bewegung und auch ihres Fortbestehens vorhanden sind.

Die Publikumsdiskussion an den mit NEOS-Programmen, Foldern und Badges ausgestatteten Kaffeehaustischen drehte sich schwerpunktmäßig mit großem Respektabstand auf andere Themen um den Bereich Bildung.

Frau Schwarz untermauerte die Forderung der NEOS nach einer allgemeinen mittleren Reife mit dem Beispiel der hohen (40%, wenn ich mich richtig erinnere) Rate an sekundärem Analphabetismus bei den Absolventen des Polytechnischen Lehrgangs. Das brachte ihr prompt den Vorwurf des Lehrer-Bashings seitens des anwesenden Lehrers ein, der aber nach meinem Eindruck in weiterer Folge ausgeräumt werden konnte.

Als Eckpunkt des Bildungsprogramms sei auch eine weitgehende Schulautonomie zu sehen, die einerseits innerhalb gewisser Rahmenbedingungen, eines Bildungskanons und eines zugewiesenen Budgets die volle Entscheidungsbefugnis eines Schuldirektors bis hin zu Personalagenden vorsehe. Die Frage, was das für Themen wie Zentralmatura oder Vergleichbarkeit der Abschlüsse bedeute, konnte aber nicht detailliert beantwortet werden bzw. ging unter.

Diese Diskussion leitete auch zum Thema Verwaltungsreform über. Hier ist die Position einfach mit: Entweder volle Budgetautonomie und -verantwortung für die Länder oder deren Abschaffung (jetzt im politischen/verwaltungsmäßigen Sinne gemeint) zusammen zu fassen.

Hier und in anderen Punkten (darunter die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in den Kammern) kommt die Ablehnung der Bevormundung von Bürgern und die Betonung der Eigenverantwortung als Position der NEOS auch expressis verbis zum Ausdruck: Weder sollen Bürger als Bittsteller gegenüber Behörden auftreten (Stichwort Bürgergeld, dazu unten mehr), noch zum Beispiel Gemeinden gegenüber dem Land oder das Land gegenüber dem Bund.

Diskutanten wiesen zu Recht darauf hin, dass Änderungen hier fast ausschließlich nur mit Zwei-Drittel-Mehrheiten geändert werden könnten und zweifelten an der Durchsetzbarkeit solcher Forderungen. Hier wurde von Frau Schwarz die Notwendigkeit von Kompromissen am Beispiel der Koalition zwischen SPÖ und Grünen in Wien herangezogen, aber auch eingestanden, dass hier natürlich keine sofortige Realisierung zu erwarten ist.

Zum Thema Realisierung streben NEOS nicht nur den Einzug in das Parlament, sondern auch eine Regierungsbeteiligung an.

Großes Einsparungspotenzial sehen die NEOS auch im Bereich der Parteienförderung: Österreich habe im Vergleich zu Deutschland pro Bürger die zehnfache Parteienförderung und "keiner wird behaupten, dass unsere Politiker zehnmal besser sind."

Ich würde die Ideen und Forderung nach einer 70%igen (bitte mich hier nicht auf die konkrete Zahl festzunageln) Kürzung der Parteienförderung als Umstieg von Objektförderung (Parteien) auf die Subjektförderung (einzelner Mandatar/einzelne Mandatarin in Form von Infrastruktur usw.) unter Aufwertung des Parlamentarismus bezeichnen.

Aus diesem Grund lehnen NEOS auch den Klubzwang ab, jede(r) NEOS-Mandatar(in) wäre in seinem Stimmverhalten vollkommen frei und nur den Wählern verpflichtet.

Hier sind NEOS bemerkenswert konsequent: Jede(r), egal ob Parteimitglied oder nicht, kann sich in auf der Homepage zur Wahl stellen (das Verfahren läuft über Präsentationen auf der Homepage sowie Hearings und Vorwahlrunden) - auf dem Weg zum Nationalratsmandat muss also keine jahr(zehnt)elange Ochsentour durch Sektionen oder Gremien gemacht werden, was natürlich auch das Risiko birgt, mit zu illusorischen Vorstellungen vom Beruf des Politikers ein solcher zu werden, ohne dieses Handwerk gelernt zu haben.

Fragen zum Thema Internet/Internetdemokratie konnten nicht umfassend beantwortet werden, hier gab es aus meiner Sicht wie auch zur einen oder anderen Frage die Van-der-Bellen-Strategie: Offen zugeben, dass es derzeit nicht beantwortet werden kann bzw. noch von einer entsprechenden Arbeitsgruppe ausgearbeitet wird.

Angerissen wurde auch das Thema Pensionen, weil hier die Formulierung von Positionen besonders heikel sei, um zu verhindern, dass in den Medien und der öffentlichen Wahrnehmung nur das Schlagwort "Pensionskürzung" übrig bliebe. NEOS treten hier für einen Abbau von Pensionsprivilegien sowie die Angleichung des realen ans gesetzliche Pensionsalter, ein.

Wie das im Detail aussehen soll, wurde nicht verbal erörtert; aus dem parallel überflogenen Programm entnehme ich Ideen eines Pensionskontos und einer weitestgehend freien Wahl des Pensionsantrittszeitpunkts unter Verrechnung entsprechender Ab- oder auch Zuschläge.

Zum Schluss wurden noch zwei Themenkomplexe angesprochen: Zur Frage, wie geforderte Steuersenkungen vor allem für den die Hauptsteuerlast tragenden Mittelstand, konkret finanziert werden sollen, wurde auf noch laufende Berechnungen verwiesen.

Das angedachte Bürgergeld (entsprechend einem Grundeinkommen) wird als jedem Bürger zustehende und alle anderen Sozialleistungen und Beihilfen ersetzende staatliche Leistung gesehen. Hier ist "alle" wirklich umfassend zu verstehen, beinhaltet also auch zum Beispiel Grundgebühren- und GIS-Befreiungen.

Hier wird wieder Wert auf die Selbstbestimmung gelegt: Der Bürger und die Bürgerin sollen selbst entscheiden, ob er oder sie das Geld für Telefon und Fernsehen oder andere Dinge ausgibt. Andererseits liege es auch in der Eigenverantwortung, wenn das ganze Geld am Zweiten des Monats bereits verbraucht sei. Neben der Förderung der Selbstbestimmung sollen mit diesem Bürgergeld auch die notwendige Bürokratie sowie das geschickte Akkumulieren verschiedenster Leistungen eingedämmt werden.

Die Höhe des Bürgergelds wurde nicht konkretisiert, es wurde jedoch klar ausgedrückt, dass die Höhe so sein müsse, dass ein Arbeitsanreiz (sei es teilbeschäftigt oder Vollzeit, je nach Entscheidung des Einzelnen) bleibt.

Bleibt noch, ein persönliches Stimmungsbild zu zeichnen:

Die Diskussion war jedenfalls offen, freundlich und, wie schon einmal beschrieben, keinesfalls missionarisch. Von elitärem Gehabe oder auch Anspruch konnte ich bei Weitem nichts bemerken. Die Programmatik kann keinesfalls als linkslinks bezeichnet werden, andererseits hat der Politologe Hubert Sickinger in diversen Tweets durchaus Attraktivität des Programms auch für Teile der SPÖ-Wählerschaft vermutet.

Ich glaube, dass NEOS sehr gute Chancen haben, die Vier-Prozent-Hürde bei der nächsten Nationalratswahl zu überspringen, und zwar durch das Reanimieren von derzeitigen Nicht-Wählern, dem Bereich der leistungsorientierten selbstbestimmten und als Einzel- oder Kleinunternehmer tätigen ÖVP-Wähler, dem Abspenstig machen von Realos bei den Grünen, die mit den "Fundis" nicht mehr können und von SPÖ-Wählern (Anhängern von Gusenbauers "leistungsorientierter Solidargemeinschaft") die angesichts von Faymann, Cap, Rudas und Co. das Heimatgefühl in ihrer Partei, nicht aber das soziale Gewissen,  verloren gegangen ist.

Ob es (Snapshot auf Grund dieser einen Veranstaltung) den NEOS gelingt, auch die Sprache von Lehrlingen, Arbeitern usw. zu sprechen - daran habe ich ein wenig Zweifel.

Die Gefahr, ins Elitäre abzugleiten, ist bei einer Partei, die von einer (ohne das jetzt nachgerechnet zu haben) verhältnismäßig hohen Akademikerquote getragen wird, immer gegeben, andererseits scheint es genug Leute im Team zu geben (wenn man die Vorstellungen auf der Homepage betrachtet), die dem entgegen treten könnten.

Auch ist der Name NEOS meiner Meinung nach sehr mit der Assoziation neoliberal belegt, was der Ad-Hoc-Aufmerksamkeit potenzieller Zielgruppen auch nicht besonders zuträglich ist.

Das, was eine Gruppe engagierter Bürger in den letzten Monaten aus dem Boden gestampft hat, verdient auf alle Fälle Respekt. Gewisse Lücken im Programm oder auch (noch) fehlende durchgerechnete Modelle sehe ich nicht als großes Manko, schließlich steht hier kein Apparat aus parlamentarischen Mitarbeitern und  Spezialisten in den Kammern und Ministerien zur Verfügung, der auf Abruf zur Verfügung steht.

Jedenfalls ist NEOS das seit Langem interessanteste in Österreich entwickelte politische Projekt (die Idee der Piraten wurde ja in Schweden geboren).